Ein Osternest für meine Freundin Elsbeth
Wie damals der Osterhase drei Osternester bringen musste
Von da an kam Elsbeth nun regelmäßig zum »Hamstern« zu uns und schon mir zuliebe packte die Großmutter ihr jedes Mal außer Brot und Butter, noch etliche Eier in das rupferne Säckchen. Für den Heimweg richtete ihr diese noch ein dickes Marmeladenbrot her. Das Mädchen strahlte jedes Mal über das ganze Gesicht und sagte leise »Vergelt's Gott«.
Als nun das Osterfest schon ganz nahe gerückt war und ich meine neue Freundin wieder einmal ein Stück des Weges heimbegleitete, fiel mir plötzlich etwas ein. Ich dachte bei mir, ob der Osterhase überhaupt wisse, wo Elsbeth jetzt wohnte? Deshalb fragte ich auch sogleich danach, doch anstatt einer Antwort hatte diese nur den Kopf geschüttelt. Bevor ich mich schließlich wieder auf den Heimweg machte, drehte ich mich nochmal um und rief ihr zu, sie solle ganz bald wieder kommen. Sie winkte mir nur zu und ging langsam weiter in Richtung Grilling. Ich schlenderte quer über die Wiese dem Haus zu, dabei dachte ich unentwegt über den Osterhasen nach, bis mir endlich etwas eingefallen war.
Am Karfreitag kam schon am frühen Vormittag meine Freundin Muschi die Anhöhe nach Pittersdorf herauf. Ich lief ihr entgegen, denn es war höchste Zeit, diese in mein Geheimnis einzuweihen. Ich hatte nämlich beschlossen, am morgigen Karsamstag vor dem Finsterwerden auch für Elsbeth ein kleines Körbchen unter das Gebüsch zu stellen. Muschi hörte mir zwar zu, hatte aber große Bedenken, ob der Osterhase dann auch noch für ihr Nest »etwas dabei« haben würde. Beide überlegten wir nun angestrengt und beschlossen, doch zuerst die Großmutter um Rat zu fragen. Kurz darauf standen wir schon drinnen in der Stube, wo diese sich gerade für den langen Karfreitagskirchgang anschickte. Weil selbige eine herzensgute, hilfsbereite Frau gewesen ist, nickte sie bejahend. Schon das Kirchenwegerl hinuntergehend, meinte sie noch zu uns beiden, dass wir noch ein kleines Körbchen für Elsbeth finden müssten.
Also machten Muschi und ich uns sogleich auf die Suche, als mir einfiel, dass Tante Marie meistens wusste, wo derlei Sachen zu finden waren. Droben auf dem Heuboden war diese gerade dabei, das Heu für die Kühe herzurichten. Auf unsere Frage meinte Marie, wir sollten doch droben auf dem Söller suchen, denn dort müsste noch irgendwo ein ganz altes liegen. Nach langer Suche fanden wir endlich das Körbchen, zwar fehlten schon etliche Holzspähnchen, aber das machte nichts aus. Mein Großvater, der unserer Geschäftigkeit schon eine zeitlang zugesehen hatte, meinte schmunzelnd, ob da dem Osterhasen nicht die Eier durchfallen werden. Nun hofften wir beide, dass Elsbeth am morgigen Karsamstag nochmal kommen würde, denn diese musste ja am Ostersonntag schon bald in der Früh', bei uns in Pittersdorf sein. An diesem Abend konnte ich lange nicht einschlafen – wird der Osterhase das dritte Osternest auch wirklich finden?
Am Samstag hatten die Nachbarsbuben schon das »Gweichte Feuer« gebracht und es ging schon auf Mittag zu, als ich endlich hinter dem Haus Elsbeth erspähen konnte. Zusammen liefen wir zur Großmutter in die Küche, die dieser ein Butterbrot machte und ein Haferl Milch auf den Tisch stellte. Während diese jetzt ihr verspätetes Frühstück genoss, versuchte ich ihr zu erklären, dass der Osterhase bestimmt auch für sie etwas in das kleine Nesterl legen würde. Noch zweifelnd versprach sie mir dennoch am morgigen Ostersonntag schon zeitig in der Frühe zum Osternest-Suchen zu kommen.
So kam es, dass wir drei Mädchen an diesem Ostersonntag, kaum dass es Tag geworden war, aufgeregt im Hausanger unter der Fliederstaude und den Hollunderstauden nach dem Osternest suchten. Da endlich hatte Muschi als erste etwas Rotes zwischen einigen Johannisbeerstauden leuchten sehen und gleich darauf konnte auch ich etwas Blaues unter einer Haselnussstaude erkennen. Plötzlich jauchzte Elsbeth erfreut und glücklich, denn sie hatte das dritte Osternest entdeckt und was da alles drinnen war: Fünf bunte Ostereier, in der Mitte ein gebackenes Osterlämmchen und noch dazu etliche kleine, süße Eier. Elsbeth konnte es kaum glauben, dass der Osterhase ihr altes Nest doch gefunden hatte. Wir stellten unsere Nester zusammen und hüpften glücklich im Kreis darum herum.
Elisabeth Mader
15/2017