Jahrgang 2003 Nummer 24

Ein Erzbischof zwischen Krieg und Frieden

Vor 350 Jahren starb Paris Graf Lodron

Erzbischof  Graf Lodron, Portät eines unbekannten Malers, um 1630.

Erzbischof Graf Lodron, Portät eines unbekannten Malers, um 1630.
Madonna mit Kind von Johannes Lencker, im Auftrag des Erzbischofs für den Salzburger Dom geschaffen.

Madonna mit Kind von Johannes Lencker, im Auftrag des Erzbischofs für den Salzburger Dom geschaffen.
Innenansicht des Doms nach Osten.

Innenansicht des Doms nach Osten.
Durch die Vollendung des Doms und die Gründung der Universität hat sich Erzbischof Paris Graf Lodron für immer in die Geschichte der Stadt Salzburg eingeschrieben. Und obwohl seine Regierungszeit den gesamten Dreißigjährigen Krieg umfasste, hat er es durch sein diplomatisches Geschick verstanden, seinem Land, zu dem damals auch der bayerische Rupertiwinkel gehörte, den Frieden zu erhalten und der Bevölkerung namenloses Leid zu ersparen. den 350. Todestag des Erzbischofs nimmt die Salzburger Universität zum Anlass für eine Reihe Festveranstaltungen und das Dommuseum zeigt die Ausstellung »Erzbischof Paris Lodron – Staatmann zwischen Krieg und Frieden«.

Paris Graf Lodron stammte aus einem ursprünglich Südtiroler Geschlecht im Trentino, wo er im Jahre 1586 zur Welt kam. Nach dem Theologiestudium in Ingolstadt wurde er 1614 zum Priester geweiht, kam als Domherr nach Salzburg und wurde schon zwei Jahre später unter Erzbischof Markus Sittikus Dompropst und Hofkammerpräsident. Damit hatte er das nach dem Erzbischof wichtigste Amt am Salzburger Hof inne. Als sein Mentor Markus Sittikus im Jahre 1619 überraschend starb, wurde Paris Lodron bereits im ersten Wahlgang zu seinem Nachfolger gewählt.

Zeitgenossen und spätere Historiker stimmen darin überein, dass dem Domkapitel keine bessere Wahl hätte gelingen können, schreibt Fritz Koller vom Salzburger Landesarchiv. Seit zwei Jahren tobte im Reich die Auseinandersetzung, die man später den Dreißigjährigen Krieg nannte. Der Streit hatte sich am Konflikt zwischen der katholischen Kirche und den neuen reformierten Bewegungen entzündet. Für das geistliche Fürstentum Salzburg hätte es nahe gelegen, der katholischen Liga beizutreten und aktiv in das Kriegsgeschehen einzugreifen.

Entsprechend seiner Pflicht als Reichsfürst stellte Paris Lodron zwar ein Truppenkontingent und zahlte Kriegskontributionen in beträchtlicher Höhe, weigerte sich aber, der Liga beizutreten. Der König aus Schweden habe ihm kein Leid angetan, soll er als Begründung seiner ablehnenden Haltung geäußert haben. Ein weiterer Grund war wohl, vermutet Fritz Koller, die Tatsache, dass sich auf der katholischen Seite Bayern unter Herzog Maximilian als Wortführer aufspielte und man in Salzburg dem übermächtigen Nachbarn stets mit Skepsis begegnete.

Salzburg vertrat allerdings einen bewaffnete Neutralität und investierte Unsummen von Steuerleistungen in die Verstärkung seiner Befestigungen am Mönchsberg und am Kapuzinerberg. Auch die Neustadt wurde mit einem System von Gräben und Bastionen umschlossen, von denen heute noch ein Rest im Kurgarten zu sehen ist. Die Felswände des Mönchsbergs außerhalb des Neutors und in der Augustinergasse wurden geglättet und damit unbesteigbar gemacht, so dass die Stadt praktisch als uneinnehmbar galt.
Unter den zahlreichen Kriegsflüchtlingen, die in Salzburg Schutz suchten, befand sich auch zwei Mal Paris Lodrons politischer Antipode, Herzog (und der spätere Kurfürst) Maximilian von Bayern. Der kostbare bayerische Staatsschatz sowie das Staatsarchiv wurden auf der Festung Hohenwerfen vor den Schweden in Sicherheit gebracht, die Herzogin ließ das Altöttinger Gnadenbild in die Stadt Salzburg transferieren, wo es zuerst in der Müllner Kirche stand und von dort in einer feierlichen Prozession in den Dom überführt wurde.

In der Innenpolitik setzte Erzbischof Lodron auf unbedingte Konsenspolitik. Es gab keinerlei Reibungen mit dem Domkapitel, wie das unter früheren Erzbischöfen nicht selten der Fall war, die Landstände wurden regelmäßig zu beratungen einberufen, um die Verantwortung für die gestiegene Steuerlast auf eine breitere Basis zu stellen. Um das Kulturland zu vergrößern, ließ Lodron die Sümpfe bei Itzling und Schallmoos trockenlegen. Dazu holte er sich Deichgrafen aus Holland, die bei der Arbeit von Reservesoldaten unterstützt wurden. Von Soldaten und Offizieren forderte er unbedingte Gerechtigkeit und Loyalität; so scheute er nicht davor zurück, einen Fähnrich köpfen zu lassen, der die Klage eines Müller, die Soldaten hätten ihm Hühner gestohlen, damit beantwortete, dass er ihn niederschoß.

Zu einem äußerst prunkvollen Fest gestaltete sich die Einweihung des Doms am 25. September 1628, mitten in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Neben den Bischöfen, Äbten und Pröpsten des Erzbistums waren auch Kurfürst Ferdinand von Köln, Erzherzog Leopold von Österreich, die Herzöge Maximilian und Albrecht von Bayern und der Osnabrücker Fürstbischof Graf Wartenberg erschienen. An allen Altären des neuen Doms wurden ununterbrochen Messen gelesen, das Volk konnte auf Kosten des Erzbischofs essen und Wein trinken, soviel es wollte. Der Landesherr hatte außerdem eine Amnestie erlassen, die Gefängnisse und Kerker geöffnet und alle Landesverweisungen aufgehoben – ausgenommen von Totschlägern und Protestanten.

Ein Projekt, das erst in der Zukunft große Bedeutung erhalten sollte, war die Gründung der Universität im Jahre 1622. Im Gegensatz zu den von Jesuiten beherrschten Universitäten und Benediktinern anvertraut. Von Anfang an bestand neben der theologischen und philosophischen auch eine juridische Fakultät. Die große Bedeutung der Salzburger Universität lässt sich daraus ersehen, dass aus ihr im Laufe der Zeit mehr als vierhundert Bischöfe und Äbte hervorgegangen sind.

Der starke, über drei Jahrzehnte andauernde Steuer- und Abgabedruck bedeutete für die Salzburger Untertanen natürlich eine enorme Belastung, vor allem für kleine Gewerbebetriebe und für die Bauern. Im Zillertal kam es deswegen sogar zu einem Aufstand der Landbevölkerung, der jedoch gütlich beigelegt wurde. Verglichen mit der Lage der unmittelbar vom Kriegsgeschehen betroffenen Menschen in weiten Teilen Deutschlands bleib das Erzstift Salzburg jedoch durch die kluge Politik seines Landesherrn eine Insel des Friedens, so dass es verständlich erscheint, wenn Erzbischof Paris Lodron noch zu Lebzeiten von seinen Zeitgenossen den Ehrentitel »Vater des Vaterlandes« erhalten hat. Drei Jahre nach der Unterzeichnung des Westfälischen Friedens schloß er die Augen für immer. Sein Standbild wurde in die Walhalla bei Regensburg aufgenommen.

JB



24/2003