Die Mittermühle und das frühzeitliche Hammerwerk
Sie wurden durch einen künstlich angelegten Mühlbach betrieben – Teil II




Hammer in der Neuzeit
Das heute noch bestehende schlossähnliche Gebäude war zeitlebens verbunden mit dem ehemaligen, daneben befindlichen Eisenwerk Hammer. Das staatliche, zweigeschoßige Gebäude mit Satteldach, Querflügel mit Mansardendach und historischer Ausstattung beinhaltete außer Wohnräumen noch Einrichtungen, die auf eine Ökonomie hindeuten. Der als Einöde im Tal der Ache eingebettete, wuchtige Bau mit seinen massiven Fenstervergitterungen und dergleichen, lässt in einem vorbeikommenden Passanten so manche Frage aufkommen. Außer im bestehenden, kubusartigen Massivbau weist heute im Freien auf den ersten Blick nichts mehr auf die geschichtsreiche Vergangenheit hin. Erzählungen bzw. Überlieferungen, wonach Hammer auch als Gefängnis gedient hat, ist frei erfunden. Dazu dürften die massiv vergitterten Fenster als Ideenfindung gedient haben. Die Version von einer Molkerei zur Zeit der Hopfnerschen Erben als Übergangsnutzung nach der Stilllegung der Eisenverhüttung wäre ja denkbar, jedoch ist in all den Unterlagen und Altakten hierüber nichts auffindbar.
Als neuer Eigentümer taucht um 1900 der Brauereibesitzer Max-Joseph Wieninger aus Teisendorf auf, der den schlossartigen Gutshof in eine Gaststätte mitsamt einer dazugehörigen Landwirtschaft umfunktionierte. Zu dieser Zeit befand sich noch auf dem ehemaligen, nördlichen Werksgelände ein Zuhaus, in dem seit jeher die Werksführer ihre Wohnung fanden. Dieses Zuhaus sowie Reste von den früheren Werksanlagen, ließ Wieninger nach dem Kauf abbrechen.
Als erste Pächter der Gaststätte von Hammer sind Peter Burger, Hammerschmiedgeselle, und seine Frau Maria, eine geborene Lackner, Bergknappentochter aus Neukirchen, bekannt.(9)
Als nächster Wirtschaftspächter folgt ein Josef Barthel, Werksführer in Achthal, Sohn des Zollvisionsbeamten Josef Barthel und seiner Frau Theres, geborene Obinger, Wirtstochter von Achthal. Der dritte Gaststätten- und Ökonomiepächter waren Peter Zenz aus Weildorf und seine Frau Agnes Dandelstatter aus Elixhausen. Die Reihe der Gaststättenpächter von Hammer beschließt im Jahre 1910 das Ehepaar Johann Huber aus Oberhöhenwald bei Surberg und seine Frau Ottilie, geborene Thaler aus Strußberg bei Neukirchen. Nachdem die Besitzer von Hammer, die Brüder Hermann und Ernst Wieninger, Brauereibesitzer von Teisendorf, die überwiegend landwirtschaftlichen Nutzflächen an den Gastwirt Johann Reiter von Achthal verkauften, veräußerten beide mit Datum vom 1. Februar 1923 auch das Anwesen Hammer mit den restlichen Realitäten an Karl und Sofie Meier, Kaufmannseheleute in Teisendorf um 1 150 000 Mark (zur Zeit der größten Inflation in Deutschland), worauf die Gaststätte geschlossen wurde.
Das letzte Pächterehepaar Josef und Ottilie Huber wohnte mit seinen zahlreichen Kindern noch in Hammer, bevor sie im Jahre 1930 nach Oberteisendorf zogen. Der nunmehrige Eigentümer von Hammer, Karl Meier, Kaufmann aus Teisendorf, der nach der Auflösung der Eisengewerkschaft Achthal, im Jahre 1922, auch dort als Mitkäufer des Hüttenwerks auftaucht, hatte kein Glück mit seinen erworbenen Liegenschaften und hauste ab.
Neuer Eigentümer von Hammer wurde mit Datum vom 15. Juli 1930 durch Ersteigerung der Mühlenbesitzer Hans Gfaller von Haslach bei Traunstein.
Bereits am 18. Oktober 1931 vertauschte Hans Gfaller das Anwesen Hammer mit dem Eigentum der Frau Hilda Aussenberg, Generaldirektorsehefrau aus der Tschechoslowakei. Frau Aussenberg war bis zum Verkauf 1937 in Hammer wohnhaft.
Mit Datum vom 28. Juli 1937 kaufte Bernhard Waurik, damals wohnhaft in Berlin Klopstockstraße 50, das Anwesen Hammer Haus-Nummer 52 in der Gemeinde Oberteisendorf. Der damals 37-Jährige, geboren am 7. Juni 1889, war der Sohn eines Bauern im kleinbäuerlichen, wendischen Schweinerden. Der studierte Bauernsohn aus dem Norden, der nach dem I. Weltkrieg aus russischer Kriegsgefangenschaft floh und nach unendlichen Strapazen schließlich Peking erreichte, konnte sich dort bei der deutschen Gesandtschaft melden. Hier schätzte man sein Wissen und seine Befähigungen hoch ein und ließ ihn zu Fuß nach Afghanistan reisen, um die dortige deutsche Mission zu verstärken.
In Kabul angekommen, war sein Auftrag schon gegenstandslos, denn Afghanistan hatte sich bereits mit Großbritannien verbündet und von Deutschland abgewandt. Sein Rückweg führte ihn durch das nördliche China. Niemand kann heute sagen, wie der mittellose Bernhard Waurik seinen Lebensweg bestritt, denn erst 1920 kam er nach Berlin zurück, wo er in den diplomatischen Dienst eintrat, wobei sein Weg ihn wiederum nach Asien führte.
Was ausgerechnet den Bauernsohn aus Schweinerden, dessen Lebensweg von Risiken, Armut, Abenteuer und Gefahren behaftet war, nach Bayern und nach Oberteisendorf führte und wie er den Ankauf der doch sehr üppigen Liegenschaft von Hammer finanzierte, wird für immer sein Geheimnis bleiben. In Oberteisendorf, wo er allgemein die Geselligkeit liebte, pflegte er seine Kontakte vor allem zur österreichischen Damenwelt. Er war sogar in den letzten Jahren des II. Weltkriegs bis 1945 Zweiter Bürgermeister. Nach dem Krieg war er des Öfteren, bedingt durch seine guten englischen Sprachkenntnisse, als Vermittler mit der amerikanischen Armee unterwegs.
Bernhard Waurik, mittlerweile nicht mehr der Jüngste, konnte aus finanziellen Gründen die dringend erforderlichen Instandhaltungen nicht mehr bewältigen. Er verkaufte das Hammeranwesen am 1. März 1965 an den Medizinalrat Dr. Wolfgang Hesse aus Wasserburg.
Bernhard Waurik zog im April 1968 gemeinsam mit seiner Haushälterin, Frau Wissmeier, in ein Mietshaus in die Eugen-Rosner-Straße 25 nach Traunstein, wo er am 7. Januar 1979 vereinsamt verstarb. Warum seine Urne nach drei Jahren 1982 wieder exhumiert und nach München in ein unbekanntes Grab überführt wurde, ist unbekannt. Es ist nicht mehr festzustellen, wer dies veranlasst hat. Es wird wohl für immer ein Rätsel bleiben, wo sich die letzte Ruhestätte von Bernhard Waurik in München befindet.(10)
Der folgende Eigentümer von Hammer, Dr. Wolfgang Hesse, führte in den Folgejahren gemeinsam mit seiner Frau eine umfassende Außen- und Innenrenovierung durch und verwandelte das schlossartige Anwesen, das den Charakter eines Amtshauses hat, wieder zu einer wahren Schatzkammer. Von einer schweren Krankheit gezeichnet, gab Dr. Wolfgang Hesse sen. am 26. März 2007 sein Eigentum aus der Hand und übereignete somit eines der geschichtsträchtigsten Gebäude unserer Heimat seinem Sohn Wolfgang Hesse jun. als Erbe.
SeppWinkler
Chronologische Reihenfolge der Eigentümer der ehemaligen Mittermühle bzw. Hammer
1432 Friedrich Spieß, Verzicht auf den Eisenhammer
1433 Verleihung des Eisenerzes am Schwarzenberg, samt Eisenhammer durch Erzbischof Johannes II. von Salzburg an den Hammerschmied Kunz aus Miesenbach bei Ruhpolding
1380 Zächerlein von Schödling bei Teisendorf
1408 Martin von Haunsberg kauft die Gemach- und die Mittermühle auf der Ache
1440 Sigmund von Volkersdorf, Dompropst von Salzburg
1522 Wolfgang Endorffer (Schmied) und seine Frau Magdalena
1530 Veronica (Tochter)
1537 Christian Lackhenschmidt
1577 Georg Lackhenschmidt (Bruder)
1578 Clemens Lackhenschmidt (Sohn)
1614 Rupert Lackhenschmidt (Sohn)
1618 Elisabeth Lackhenschmidt (dessen Ehefrau)
1687 Franz Huber
1699 die Kinder des verstorbenen Wilhelm Kobald
1700 Tobias Obermayr
1702 dessen Frau Anna Elisabeth
1710 deren Kinder
1711 Joseph Hopfner
1720 Joseph Ignaz Hopfner und Miterben (durch Todesfall)
1722 dessen Mutter Anna Elisabeth
1739 Joseph Ignaz Hopfner II.
1742 Johann Michael Hopfner
1756 dessen Ehefrau Anna Maria Dürnhamberin (Halbsetzung)
1760 Johann Michael Hopfner (allein, durch Todfall und Vertrag)
1775 Franz Xaver Hopfner (Sohn) und seine Frau Apolonia Meichlböckin durch Übergabe und Halbsetzung, Verkauf der Gemachmühle. Ab diesem Zeitpunkt wird die Gemachmühle als selbstständiges Wirtschaftsgut beschrieben und somit nicht mehr im Eigentum der nachfolgenden Besitzer von Hammer.
1794 die 3 Kinder von Franz Xaver Hopfner (zur Hälfte, durch Todesfall)
17. 8. 1794 Apolonia Meichlböckin (allein, durch Übergabe und Vertrag)
17. 10. 1794 Franz Schuster (2. Ehemann, durch Halbsetzung)
1810 Anschluss des ehemaligen Erzstifts Salzburg an Bayern
1813 das Ende der Grundherrnschaften
1816 nach sechsjähriger Zugehörigkeit zu Bayern wird das einstige Erzstift Salzburg an Österreich abgegeben, mit Ausnahme des heutigen Rupertiwinkels
ca. 1900 Max-Joseph Wieninger Brauereibesitzer von Teisendorf, er funktionierte Hammer zu einer Gaststätte um
1922 Karl Meier, Kaufmann von Teisendorf
1930 Hans Gfaller, Mühlenbesitzer von Haslach bei Traunstein durch Ersteigerung
1931 Hilda Aussenberg, Generaldirektorsehefrau, tschechoslowakische Staatsangehörige
1937 Bernhard Waurik aus Berlin durch Kauf
1965 Medizinalrat Dr. Wolfgang Hesse sen. durch Kauf
2007 Wolfgang Hesse jun. durch Übernahme *Eigentümer soweit eruierbar, Pächter sind nicht aufgelistet
Anmerkungen:
9: Pfarrarchiv Oberteisendorf
10:Oberlausitzer Heimatblätter 2005, Heft 7
Teil I in den Chiemgau-Blättern Nr. 42/2014
43/2014