Die Käferausstellung des Neuntöters
Es ist eine »ungewöhnliche« Methode der Brautwerbung

Neuntöter oder Rotrückenwürger.
Fast alle Vogelmännchen sind bemüht, beim weiblichen Geschlecht möglichst guten Eindruck zu schinden, sei es nun durch Gesang, durch auffallendes Federkleid, durch protziges Imponiergehabe bei der Balz, durch Duelle mit Rivalen oder durch weitere, oft ziemlich merkwürdige Rituale. Wer sich dabei am meisten anstrengt, ist Sieger, und Stümper gehen leer aus.
Unser Neuntöter, auch unter der Bezeichnung Rotrückenwürger, Dorndreher und Dornwürger bekannt, bezirzt das weibliche Geschlecht mit einer etwas ausgefallenen Methode. Obwohl er gut singen kann und ein großartiger Spötter ist, macht er von dieser Eigenschaft nur selten Gebrauch. Er setzt ganz realistisch auf das Sprichwort »Liebe geht durch den Magen«, indem er dem Weibchen eine möglichst reichhaltige und attraktive Käfersammlung präsentiert! In seinem Brutbezirk, der dornige Hecken enthalten soll – zur Not tut es auch ein simpler Stacheldraht an Viehweiden – gestaltet er seine Insektenausstellung. Das Männchen kommt Ende April oder Anfang Mai aus seinem ost- und süd- afrikanischem Winterquartier zurück und wählt sich einen Nistplatz. Die Weibchen treffen später ein und können sich in ruhe die bereits vorhandenen Nistreviere nach eigenem Gutdünken aussuchen. Bis zum Erscheinen der holden Weiblichkeit sammeln die Männchen möglichst viele Insekten, meist Käfer, spießen sie an Dornen auf und dekorieren damit den vorgesehenen Nistbezirk. In Maikäfer-Jahren herrscht dann Hochbetrieb. Jedes Männchen ist bemüht, möglichst viele Beutetiere auszustellen und so kommt es auch vor, dass mitunter eine kleine Maus, ein winziges Fröschchen oder eine halbwüchsige Eidechse die makabre Vernissage ausschmücken. Dadurch wird die Wirkung auf die Damenwelt ziemlich erhöht. Die Weibchen mustern ausgiebig diese Dekorationen, vergleichen sie mit benachbarten Werbespots, die in aller Regel etwa 100 Meter entfernt sind, und wählen prinzipiell nur solche Männchen, welche dank ihrem jägerischen Können eine üppige Strecke vorzuweisen haben. Denn nur solche Partner erbringen den Beweis, dass sie in der Lage sind, ihre künftige Familie ausreichend mit Nahrung zu versorgen.
In fast allen Vogelbüchern wird dieses Aufspießen von Insekten als Vorratslager für schlechte Tage beschrieben. Vögel, auch andere Tiere, die Nahrungsvorräte beschaffen, pflegen diese zu verstecken, damit sie von Konkurrenten nicht geplündert werden können. Diese auffallende Zurschaustellung erbeuteter Kerbtiere widerspricht also dieser Ansicht, ganz davon abgesehen, dass tote Käfer in exponierter Lage schnell austrocknen und alsbald nur mehr das Außenskelett aus unverdaulichem Chitin vorhanden ist, das vom Neuntöter ohnedies als Gewölle wider ausgewürgt wird.
Auch die bei uns vorkommenden weiteren drei Vertreter der Singvogelfamilie Würger, der Raubwürger, Rotkopfwürger und Schwarzstirnwürger, würgen regelmäßig alle Chitinteile verzehrter Kerfe aus und haben sich somit selbst ihren Familiennamen zugelegt.
JS
18/2003
Unser Neuntöter, auch unter der Bezeichnung Rotrückenwürger, Dorndreher und Dornwürger bekannt, bezirzt das weibliche Geschlecht mit einer etwas ausgefallenen Methode. Obwohl er gut singen kann und ein großartiger Spötter ist, macht er von dieser Eigenschaft nur selten Gebrauch. Er setzt ganz realistisch auf das Sprichwort »Liebe geht durch den Magen«, indem er dem Weibchen eine möglichst reichhaltige und attraktive Käfersammlung präsentiert! In seinem Brutbezirk, der dornige Hecken enthalten soll – zur Not tut es auch ein simpler Stacheldraht an Viehweiden – gestaltet er seine Insektenausstellung. Das Männchen kommt Ende April oder Anfang Mai aus seinem ost- und süd- afrikanischem Winterquartier zurück und wählt sich einen Nistplatz. Die Weibchen treffen später ein und können sich in ruhe die bereits vorhandenen Nistreviere nach eigenem Gutdünken aussuchen. Bis zum Erscheinen der holden Weiblichkeit sammeln die Männchen möglichst viele Insekten, meist Käfer, spießen sie an Dornen auf und dekorieren damit den vorgesehenen Nistbezirk. In Maikäfer-Jahren herrscht dann Hochbetrieb. Jedes Männchen ist bemüht, möglichst viele Beutetiere auszustellen und so kommt es auch vor, dass mitunter eine kleine Maus, ein winziges Fröschchen oder eine halbwüchsige Eidechse die makabre Vernissage ausschmücken. Dadurch wird die Wirkung auf die Damenwelt ziemlich erhöht. Die Weibchen mustern ausgiebig diese Dekorationen, vergleichen sie mit benachbarten Werbespots, die in aller Regel etwa 100 Meter entfernt sind, und wählen prinzipiell nur solche Männchen, welche dank ihrem jägerischen Können eine üppige Strecke vorzuweisen haben. Denn nur solche Partner erbringen den Beweis, dass sie in der Lage sind, ihre künftige Familie ausreichend mit Nahrung zu versorgen.
In fast allen Vogelbüchern wird dieses Aufspießen von Insekten als Vorratslager für schlechte Tage beschrieben. Vögel, auch andere Tiere, die Nahrungsvorräte beschaffen, pflegen diese zu verstecken, damit sie von Konkurrenten nicht geplündert werden können. Diese auffallende Zurschaustellung erbeuteter Kerbtiere widerspricht also dieser Ansicht, ganz davon abgesehen, dass tote Käfer in exponierter Lage schnell austrocknen und alsbald nur mehr das Außenskelett aus unverdaulichem Chitin vorhanden ist, das vom Neuntöter ohnedies als Gewölle wider ausgewürgt wird.
Auch die bei uns vorkommenden weiteren drei Vertreter der Singvogelfamilie Würger, der Raubwürger, Rotkopfwürger und Schwarzstirnwürger, würgen regelmäßig alle Chitinteile verzehrter Kerfe aus und haben sich somit selbst ihren Familiennamen zugelegt.
JS
18/2003