Der Mauersegler – Vogel des Jahres 2003
Innerhalb kürzester Zeit wachsen die Jungen zu stattlichen Vögeln heran

Schlüpfende Mauerseglerbrut. Ganz erschöpft vom anstrengenden Schlüpfakt liegen die Kleinen im Nest.
Er kommt immer sehr spät zurück aus seinem afrikanischen Winterquartier. Anfang Mai, wenn unsere Berggipfel noch weiße Hauben haben und die Obstbäume in der schönsten Blüte stehen, wenn das helle Grün der Buchen- und Lärchentriebe aus unseren Wäldern leuchtet, dann sind sie plötzlich da, kurven mit schrillem Geschrei um Häuser und Kirchtürme und suchen unter Dächern und in Nistkästen ihre alten Brutplätze wieder auf. Sollten sich dort inzwischen Spatzen oder Stare eingenistet haben, dann gibt es handfesten Streit und Raufereien, bei denen der Mauersegler mit seinen nadelspitzen Krallen meistens die Oberhand behält. Für gewöhnlich werden immer die selben Nistplätze bezogen. Dabei ist mitunter eine erstaunliche Ortstreue festzustellen: ein in einem Kirchturm im Rupertiwinkel beringter Nestling wurde später wiederholt genau an der selben Stelle im Dachgebälk als fütternder Altvogel kontrolliert. Er war inzwischen 10 Jahre alt und hatte Jahr für Jahr nach neunmonatiger Abwesenheit im fernen Süden, das heimatliche Dorf und dasselbe Platzerl im Kirchturm wieder aufgesucht.
Es ist vielfach bezeugt, dass sich Mauerseglerpaare über viele Jahre hinweg die Treue halten; aber bei Neuverpaarungen wegen Ausfall eines Partners oder bei anderen Gelegenheiten, die Anlass zu Streitigkeiten geben können, kann es zu erbitterten Kämpfen kommen. Es sind Fälle bekannt, bei denen in der Luft raufende Mauersegler, hoffnungslos ineinander verkrallt zu Boden kamen und vom Finder vorsichtig aus ihrer Verkrallung gelöst werden mussten, ehe man sie wieder freilassen konnte.
Bald nach der Ankunft wird mit dem Nestbau begonnen. Der Mauersegler geht nie freiwillig zu Boden und fängt sein Nistmaterial bei böigem Wind in der Luft auf. Die dabei gesammelten Blätter, Halme, Federn und sonstiges leichtes Material werden mit Speichel zu einem flachen Kranz verkleistert. Ab Mitte Mai, wenn die Pfingstrosen allmählich erblühen, werden die zwei bis drei weißen länglichen Eier abgelegt und abwechselnd von beiden Altvögeln etwa 20 Tage lang bebrütet. Im Juni dann, um die Zeit wenn unsere Hollerstauden ihre gelblichweißen Blütensträuße öffnen, schlüpfen die winzigen, nackten Seglerjungen aus den Eiern. Der Schlüpfakt erfordert offensichtlich viel Kraft, denn die Kleinen liegen zunächst ganz erschöpft im Nest und sind noch gar nicht imstand das Köpferl zu heben. Ihre großen Augäpfel schimmern durch die dünne Haut und die Flügel sind vorerst nur kurze Stummeln. Man kann sich gar nicht recht vorstellen, dass aus diesen winzigen, hilflosen Schlüpflingen in den nächsten sechs Wochen stattliche Segler heranwachsen, die dann schon auf Weltreise gehen. Ein nestjunger Mauersegler, der im Kirchturm des kleinen Dörferls Steinhöfl im Rupertiwinkel beringt wurde, war einen Monat nach dem Ausfliegen schon in Marokko, 1900 Kilometer vom Geburtsort entfernt!
Die rasche Entwicklung der Jungen erfordert natürlich beachtliche Mengen an Insektennahrung, die von den Alten ausschließlich im Luftraum gefangen wird. Ihr großer Aktionsradius erstreckt sich dabei bis in die Gipfelregion unserer Berge, wenn es dort ergiebige Insektenvorkommen gibt. Bei einem einzigen Nahrungsflug können es Hunderte von Fliegen, Mücken usw. sein, die im Kehlsack zusammengeballt mit Speichel vermischt den Jungen zugetragen werden. Bei dieser üppigen, energiereichen Kost gedeihen die Kinder prächtig. Schon nach wenigen Tagen zeigen sich auf dem nackten Rücken dunkle Striche, die sich nach kurzer Zeit zu grauen Flaumfedern ausbilden. Wenn dann die Körperfedern sprießen und etwa ab dem zehnten Lebenstag die Flügel- und Schwanzfedern zu wachsen beginnen, wird aus dem zunächst noch etwas unansehnlichen Jungvogel mehr und mehr ein hübscher Mauersegler.
Freilich geht das nicht immer so problemlos. Wenn nasskalte Witterung eintritt und keine Insekten fliegen, dann kann es sein, dass die Alten der Wetterfront ausweichen, die Jungen tagelang hungern müssen und an Körpergewicht verlieren. Das wird aber nach Ende dieser Notzeit schnell wieder ausgeglichen.
Inzwischen ist es Juli geworden. An den Wegrändern blüht schon der bunte Hohlzahn, das eingeschleppte große Springkraut steht mannshoch und der Kuckuck ist schon längst verstummt. Die jungen Mauersegler sind nun zu prächtigen Vögeln herangewachsen und verlassen nach und nach die Nester. Es fällt auf, dass die Seglertrupps, die besonders in den Abendstunden laut schreiend um die Häuser jagen, mehr und mehr zunehmen, weil sie von den Jungen Verstärkung bekommen. Nun dauert es nicht mehr lange, dann ist ihr Geschrei endgültig verstummt, denn sie sind bereits auf der großen Reise in den Süden.
Wir haben nun schon August. Die Birken am Straßenrand verstreuen jetzt verschwenderisch ihre winzigen Samen, die Gärten prahlen mit einer üppigen Sommerblumenpracht und auf den Wiesen zeigen sich schon die ersten Herbstzeitlosen. Einige Mauersegler sind noch da, sie haben noch Junge aus verspäteten Bruten zu betreuen, aber dies geht ganz unauffällig und stumm vor sich. Im Laufe des Monats werden auch sie mit ihren Jungen verschwinden und dann ist das »Mauerseglerjahr« endgültig abgelaufen.
KR
23/2003
Es ist vielfach bezeugt, dass sich Mauerseglerpaare über viele Jahre hinweg die Treue halten; aber bei Neuverpaarungen wegen Ausfall eines Partners oder bei anderen Gelegenheiten, die Anlass zu Streitigkeiten geben können, kann es zu erbitterten Kämpfen kommen. Es sind Fälle bekannt, bei denen in der Luft raufende Mauersegler, hoffnungslos ineinander verkrallt zu Boden kamen und vom Finder vorsichtig aus ihrer Verkrallung gelöst werden mussten, ehe man sie wieder freilassen konnte.
Bald nach der Ankunft wird mit dem Nestbau begonnen. Der Mauersegler geht nie freiwillig zu Boden und fängt sein Nistmaterial bei böigem Wind in der Luft auf. Die dabei gesammelten Blätter, Halme, Federn und sonstiges leichtes Material werden mit Speichel zu einem flachen Kranz verkleistert. Ab Mitte Mai, wenn die Pfingstrosen allmählich erblühen, werden die zwei bis drei weißen länglichen Eier abgelegt und abwechselnd von beiden Altvögeln etwa 20 Tage lang bebrütet. Im Juni dann, um die Zeit wenn unsere Hollerstauden ihre gelblichweißen Blütensträuße öffnen, schlüpfen die winzigen, nackten Seglerjungen aus den Eiern. Der Schlüpfakt erfordert offensichtlich viel Kraft, denn die Kleinen liegen zunächst ganz erschöpft im Nest und sind noch gar nicht imstand das Köpferl zu heben. Ihre großen Augäpfel schimmern durch die dünne Haut und die Flügel sind vorerst nur kurze Stummeln. Man kann sich gar nicht recht vorstellen, dass aus diesen winzigen, hilflosen Schlüpflingen in den nächsten sechs Wochen stattliche Segler heranwachsen, die dann schon auf Weltreise gehen. Ein nestjunger Mauersegler, der im Kirchturm des kleinen Dörferls Steinhöfl im Rupertiwinkel beringt wurde, war einen Monat nach dem Ausfliegen schon in Marokko, 1900 Kilometer vom Geburtsort entfernt!
Die rasche Entwicklung der Jungen erfordert natürlich beachtliche Mengen an Insektennahrung, die von den Alten ausschließlich im Luftraum gefangen wird. Ihr großer Aktionsradius erstreckt sich dabei bis in die Gipfelregion unserer Berge, wenn es dort ergiebige Insektenvorkommen gibt. Bei einem einzigen Nahrungsflug können es Hunderte von Fliegen, Mücken usw. sein, die im Kehlsack zusammengeballt mit Speichel vermischt den Jungen zugetragen werden. Bei dieser üppigen, energiereichen Kost gedeihen die Kinder prächtig. Schon nach wenigen Tagen zeigen sich auf dem nackten Rücken dunkle Striche, die sich nach kurzer Zeit zu grauen Flaumfedern ausbilden. Wenn dann die Körperfedern sprießen und etwa ab dem zehnten Lebenstag die Flügel- und Schwanzfedern zu wachsen beginnen, wird aus dem zunächst noch etwas unansehnlichen Jungvogel mehr und mehr ein hübscher Mauersegler.
Freilich geht das nicht immer so problemlos. Wenn nasskalte Witterung eintritt und keine Insekten fliegen, dann kann es sein, dass die Alten der Wetterfront ausweichen, die Jungen tagelang hungern müssen und an Körpergewicht verlieren. Das wird aber nach Ende dieser Notzeit schnell wieder ausgeglichen.
Inzwischen ist es Juli geworden. An den Wegrändern blüht schon der bunte Hohlzahn, das eingeschleppte große Springkraut steht mannshoch und der Kuckuck ist schon längst verstummt. Die jungen Mauersegler sind nun zu prächtigen Vögeln herangewachsen und verlassen nach und nach die Nester. Es fällt auf, dass die Seglertrupps, die besonders in den Abendstunden laut schreiend um die Häuser jagen, mehr und mehr zunehmen, weil sie von den Jungen Verstärkung bekommen. Nun dauert es nicht mehr lange, dann ist ihr Geschrei endgültig verstummt, denn sie sind bereits auf der großen Reise in den Süden.
Wir haben nun schon August. Die Birken am Straßenrand verstreuen jetzt verschwenderisch ihre winzigen Samen, die Gärten prahlen mit einer üppigen Sommerblumenpracht und auf den Wiesen zeigen sich schon die ersten Herbstzeitlosen. Einige Mauersegler sind noch da, sie haben noch Junge aus verspäteten Bruten zu betreuen, aber dies geht ganz unauffällig und stumm vor sich. Im Laufe des Monats werden auch sie mit ihren Jungen verschwinden und dann ist das »Mauerseglerjahr« endgültig abgelaufen.
KR
23/2003