Jahrgang 2007 Nummer 28

Der Garten des Sonnenkönigs

Das Salzburger Barockmuseum zeigt historische Miniaturen aus Frankreich

Jean Cotelle: Boskett (Ziergebüsch) der »Drei Brunnen« und die Ansicht des Schlosses Versailles.

Jean Cotelle: Boskett (Ziergebüsch) der »Drei Brunnen« und die Ansicht des Schlosses Versailles.
Schade, dass es vor dreihundert Jahren noch kein Handy gab – die Gärtner im Schlosspark von Versailles hätten es gut brauchen können. Denn die zahllosen Kaskaden, Wasserfälle und Brunnen wurden nur in Betrieb gesetzt, wenn sich der König dem jeweiligen Bezirk des Parks näherte. Dann gaben sich die Bediensteten mit Fähnchen und Pfiffen gegenseitig das Signal, das Wasser einzuschalten, um Seine Majestät pflichtschuldigst zu ergötzen.

Die große Gartenanlage von Versailles hatte Ludwig XIV. einem sumpfigen Gelände abringen lassen. Tausende von Arbeitern waren über zwei Jahrzehnte damit beschäftigt, Hügel abzutragen, Sümpfe trockenzulegen, Wege und Straßen zu planieren und Bäume, Sträucher und Blumen zu pflanzen. Der König verfolgte mit großer Leidenschaft die Arbeiten im Schlosspark von Versailles, wo seine Macht ihre höchste Ausdrucksform fand – hier musste ihm sogar die Natur gehorchen. Er änderte oft seine Wünsche, was dazu führte, dass die Kosten immer höher stiegen. Wie Lieselotte von der Pfalz berichtet, gab es kein Plätzchen im Park, das nicht mindestens zehn Mal verändert worden wäre.

Das Ergebnis muss alle Vorstellungen übertroffen haben, wenn man den Berichten der wenigen priviligierten Gäste glauben darf, die gewürdigt wurden, den Schlosspark zu besuchen. Der König selbst verfasste eine Art Wegweiser durch die Anlage mit einer Beschreibung der einzelnen Wege und mit genauen Hinweisen auf besondere Attraktionen. Ausserdem beauftragte er den Maler Jean Cotelle, die »Wunder des Lustgartens« in einem Zyklus von zwei Dutzend großen Gemälden für die Nachwelt festzuhalten. Sie versetzen uns in die Lage, den königlichen Park gleichsam als virtuelle Gäste aufzusuchen und seine Schönheit zu bewundern. Ihren zusätzlichen Reiz erhalten die Bilder dadurch, dass Cotelle die Gartenlandschaft mit Szenen aus der antiken Mythologie bevölkerte. Da macht Venus ihre Morgentoilette, räkelt sich die Göttin Flora auf einem Blumenlager, lässt sich Apollo von leichtgeschürzten Nymphen die Füße waschen, wird Psyche für ihren Geliebten geschmückt, betrachtet Narziss verliebt sein Spiegelbild im Wasser, plaudert Diana mit ihrem Gefolge und überreicht Paris der schönen Venus den Liebesapfel. Zeitgleich mit den Gemälden malte Cotelle kleinformatige Kopien, die offenbar als Dank für den Minister Louvois gedacht waren, der die Arbeiten im Park überwacht hatte. Louvois ließdie Miniaturen in sein Schloss in Meudon bringen. Dort blieben sie bis zur Revolution, dann verschwanden sie. Erst im Jahre 1988 tauchten sie am Pariser Kunstmarkt auf und wurden für Verdailles erworben. Das Barockmuseum im Mirabellgarten in Salzburg hat es dank seiner guten Beziehungen zu Frankreich erreicht, dass die kostbaren Miniaturen erstmals außerhalb Frankreichs gezeigt werden.

Zu der Ausstellung »Versailles – der Garten des Sonnenkönigs« bis 9. September, ist ein reich illustrierter Katalog erschienen, als Begleitprogramm veranstaltet das Barockmuseum Führungen durch den Mirabellgarten, den Botanischen Garten und den Garten von Hellbrunn und Schloss Klessheim.

Julius Bittmann



28/2007