Jahrgang 2007 Nummer 31

Das Friedensfest in Augsburg

Es erinnert an das Ende des 30-jährigen Krieges

Touristen, die am 8. August Augsburg besuchen, wundern sich bisweilen, dass an diesem Tag alle Geschäfte geschlossen sind und in evangelischen Kirchen Gottesdienste gefeiert werden. In Augsburg wird an diesem Tag das Friedensfest begangen, ein Feiertag, der in Deutschland ein Unikum ist.

Das Augsburger Friedensfest erinnert an eine unselige Epoche deutscher Geschichte, an den Dreißigjährigen Krieg, der 1648 mit dem Westfälischen Frieden beendet wurde. Mit dem lang ersehnten Friedensschluss kam es auch zu einer gewissen Entspannung der konfessionellen Gegensätze, die ihren Ursprung in der Reformationszeit des 16. Jahrhunderts hatten.

Gerade in Augsburg hinterließ die Reformation ihre Spuren. Im Jahre 1518 reiste Martin Luther nach Augsburg, um sich wegen seiner Thesen einem Verhör durch den päpstlichen Legaten Kardinal Cajetan zu unterziehen. Luther sollte seine Lehre widerrufen, was er aber verweigerte. Der kritische Augustinermönch floh kurzerhand aus Augsburg.

Die Reformation konnte in vielen Landesteilen, vor allem in Städten, Fuß fassen. Die sich in den folgenden Jahren aufstauenden Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten führten in den Jahren 1525/26 zu einem konfessionellen Bürgerkrieg, der mit einem Sieg der Opposition gegen Kaiser Karl V. endete. Um den Konflikt zu entschärfen, wurde 1530 ein Reichstag nach Augsburg einberufen. Dabei wurde Kaiser Karl V. das von Melanchton verfasste Augsburger Bekenntnis – die »Confessio Augustana« – vorgelegt. Dieses wurde zu einem grundlegenden Glaubensdokument für die lutherischen Kirchen in der ganzen Welt.

Auf der Grundlage der Confessio Augustana kam es 1555 zum Augsburger Religionsfrieden, einem Vertrag zwischen Kaiser Ferdinand I. und den Reichsständen, d. h. den Kurfürsten, Fürsten und Städten. Dieses Dokument gewährte den Protestanten erstmals Religionsfreiheit und führte zur gegenseitigen Anerkennung protestantischer und katholischer Reichsstände. Der Augsburger Religionsfrieden leitete aber nicht sogleich eine Epoche der Befriedung der Konfessionen ein. Es kam immer wieder zu Spannungen und Auseinandersetzungen. So wurde den Protestanten untersagt, in Kirchen ihre Gottesdienste zu feiern. Man versperrte ihnen die Wege und riss ihre Gotteshäuser ab. Von 1635 bis 1649 konnten evangelische Gottesdienste nur unter freiem Himmel gefeiert werden.

In Erinnerung an den Augsburger Religionsfrieden wurde 1650 das Friedensfest gefeiert. Dabei gedachte die protestantische Bürgerschaft der Vertreibung evangelischer Geistlicher aus Augsburg im Jahre 1629 infolge des Restitutionsedikts durch Kaiser Ferdinand. Heute steht an diesem Gedenktag das friedliche Nebeneinander der Konfessionen im Vordergrund. Katholische Augsburger besuchen im ökumenischen Geist die Gottesdienste der protestantischen Mitbürger. So wird das Friedensfest, das seit 1950 ein staatlicher Feiertag ist seinem Geist und Namen gerecht.

Dr. Albert Bichler



31/2007