Jahrgang 2014 Nummer 40

Balthasar Permoser in Dresden

Der Bildhauer am Hof von August dem Starken

Das Grab von Balthasar Permoser befindet sich auf dem Katholischen Friedhof in Dresden. Das Grabmal entstand aus seiner Hand.
Die Kanzel der Hofkirche in Dresden
Nymphe die zum Bade geht
Drei der zwölf Satyrhermen am Wallpavillon

Neben der im Zweiten Weltkrieg zerstörten und mittlerweile wieder aufgebauten Frauenkirche ist der Zwinger zweifellos das berühmteste Bauwerk Dresdens. Ein Werk, das mit seinem Bauherrn August dem Starken, mit seinem Architekten Matthäus Daniel Pöppelmann und dem Bildhauer Balthasar Permoser untrennbar verbunden ist. Wobei Permoser, der für die plastische Ausgestaltung des Zwingers zuständig war, durch seine Tätigkeit in Dresden zugleich eine Brücke zwischen bayerischer und sächsischer Kultur der Barockzeit bildete.

Dass der Zwinger, an seinen Plänen gemessen, ein Fragment geblieben ist, hat viele Gründe, die hier nicht angeführt werden können. »Aber selbst der Rest, der schließlich Gestalt gewann, ist so weit über seinen Zweck hinaus gewachsen, dass der Verlust an Möglichkeiten weiterer Entfaltung nicht mehr spürbar ist. Es bedarf nicht einmal einer Erklärung der Bestimmung des Bauwerks, um sich der künstlerischen Größe gerne zu ergeben« (Sigfried Asche).

Balthasar Permoser wurde am 13. August 1651 in Kammer bei Traunstein geboren, das damals zur salzburgischen Pfarrei Otting gehörte und wo seine Eltern ein Bauernanwesen bewirtschafteten. Bereits als Kind erlernte er Holzschnitzen und kam mit 12 Jahren nach Salzburg in die Lehre von Wolf Weißenkirchner, unter dessen Anleitung er sich der Steinbildhauerei zuwandte und seine ersten selbstständigen Arbeiten schuf.

1670 zog er weiter nach Wien zu Tobias Kracker, wo er sich allerdings nur wenige Jahre aufhielt. Seine nächste Station war Rom, wo er Mitarbeiter des weltberühmten römischen Architekten und Bildhauers Lorenzo Bernini wurde und unter anderem zwei Hermen mit Fruchtkörben über den Köpfen entstanden, ein Motiv, das dann typisch für den Wallpavillon des Zwingers geworden ist. Später ließ sich Permoser in Florenz nieder, wo er in Cosimo III. de Medici einen Mäzen fand und in dessen Auftrag von 1677 bis 1680 einen Teil der Giebelfiguren und das Wappen am Portal der Kirche San Michele e Gaetano schuf.

1689 wurde Permoser noch von Kurfürst Johann Georg III. von Sachsen, dem Vater August des Starken, in die sächsische Haupt- und Residenzstadt berufen, wo er bis zu seinem Tod 1732 eine Wohn- und Wirkungsstätte besaß. Dazwischen war er sechs Jahre in Berlin tätig, um Andreas Schlüter bei der plastischen Ausgestaltung des Stadtschlosses zu unterstützen.

Die Berufung Permosers nach Dresden erfolgte aber nicht als Stein- und Holzbildhauer, sondern als ein Meister kleinfiguriger Elfenbeinarbeiten, die hier in Zusammenarbeit mit dem Goldschmied und Hofjuwelier Johann Melchior Dinglinger für das Grüne Gewölbe entstanden. Kleinkunst aus Elfenbein, Kupfer, Stein, Marmor oder Holz – Kostbarkeiten, die man noch heute bewundern kann und einen Beweis für die Vielseitigkeit Permosers darstellen.

Aber Permoser erhielt auch sofort den Auftrag, eine Gruppe monumentaler Figuren mit dem Thema Herkules aus heimischen Sandstein zu hauen, bestimmt für den Großen Garten. Von den zwölf Figuren, die nach 1690 entstanden, sind wenigstens zwei ganz von eigener Hand gefertigt, und zwar »Herkules und Busiris« sowie »Herkules und der hesperische Drache«. Die anderen werden mehr oder weniger aus seiner Werkstatt hervorgegangen sein. Für den Großen Garten schuf Permoser überdies die Figuren der Mutterliebe, der Malerei und der Skulptur, um nur einige zu nennen. Für die katholische Hofkirche fertigte er über dem Taufstein ein Ecce homo aus sächsischem Marmor und einen heiligen Johannes an; sein Hauptwerk ist hier die holzgeschnitzte Kanzel, die den Zweiten Weltkrieg überstanden hat, weil sie eingemauert war. Auch die Marmorstatuen des gegeißelten Christus in der Gruft stammen von ihm.

Weltberühmt wurde Permoser aber erst durch seine Ausgestaltung des von 1711 bis 1728 errichteten Zwingers, den der Dresdner Chronist Johann Christian Crell 1726 in seiner Beschreibung der Stadt als eines der sieben Weltwunder preist. Hier entstand eine unüberschaubare Zahl plastischer Werke, hunderte Figuren, Vasen, Kapitellen, Kartuschen, Ornamente und Brunnen wie zum Beispiel der »Hercules Saxonicus« am Wallpavillon des Zwingers, die vier Gestalten am Torturm Bacchus, Vulkan, Ceres und Pomona, die acht Nymphenstandbilder im Nymphenbad und die Figuren in den Nischen des Kronentores.

Nebenher entstanden noch während des Zwingerbaues oder gleich anschließend einige Großplastiken, die mit Dresden verbunden sind. So die beiden 1945 zerstörten Apotheosen Augusts des Starken und die für Wien geschaffene Apotheose des Prinz Eugen. »Dabei prägte er den sächsischen Barock, er vereinigte bewegte Kraft mit zurückhaltender Zartheit, plastische Dekoration fügte er harmonisch in das Gesamtkunstwerk ein. Galerietrakte und Torbauten, Pavillons und Brunnen legen Zeugnis ab von seiner großen Kunst« (Dietrich Nummert).

Ein so gewaltiges Werk wie am Zwinger konnte natürlich nicht ohne Helfer gelingen, zumal Permoser bereits 60 Jahre alt war, als die ersten Figuren entstanden.

Mitarbeiter am Zwinger kamen zum einen aus der Werkstatt Permosers, zum anderen waren es selbstständige Bildhauer, die im Auftrag arbeiteten und zum Teil wiederum eine eigene Die Kanzel der Hofkirche in Dresden Werkstatt besaßen. Neben Johann Benjamin Thomae und Johann Christian Kirchner gehörte zum Schülerkreis Permosers auch der spätere Mannheimer Hofbildhauer Paul Egell, dem es gelang, das besondere Vertrauen seines Meisters zu gewinnen. Ein gemeinsames Werk der beiden stellt zum Beispiel das westliche Hermenpaar am Wallpavillon dar.

Über Permosers Privatleben in Dresden und anderswo ist dagegen wenig bekannt. Man weiß nur, dass er zwar lebenslustig war, aber eher asketisch lebte und auch nie verheiratet war. Und dass er zwischendurch immer wieder auf Reisen ging, etwa nach Italien und häufig auch nach Salzburg, wo er seinen ehemaligen Lehrmeister Weißenkirchner aufsuchte. Auffällig war jedoch sein Erscheinungsbild, über das Dietrich Nummert schreibt: »Man nannte ihn 'blos Balthasar'. Das war seinerzeit nicht gerade etwas Besonderes. Dass er jedoch, als die Männermode ausgesprochen bartlos war, einen auffälligen Bart‚ über ¼ Elle lang wuchern ließ, das rief in deutschen Landen Aufsehen hervor. Seine besondere Art sich zu kleiden, trug ebenfalls zu Verwunderung, Spott oder arrogantem Naserümpfen unter Hofgesellschaften bei. Er hielt es wie Künstler aller Zeiten, er wollte sich im Äußeren unterscheiden von Nichtskönnern.«

Eine weitere Eigenart war sein mit zunehmendem Alter aufbrausendes Wesen. Zeitgenossen erwähnen, »daß er aus Verdruß wegen aller Hand unzeitigen Kriticken seine Werke oftermals in Stücken zerschmiss und neben deme ware er so eigensinnig, daß er keinen Heller von dem Preiß eines Stückes nachliesse, wann er ihne einmal bestimmt hatte.«

Permoser, der am 18. Februar 1732 in Dresden verstarb, fand seine letzte Ruhestätte im Alten Katholischen Friedhof, der ursprünglich von August dem Starken nur für den katholischen Hofstaat seiner Schwiegertochter Maria Josepha von Österreich geschaffen wurde. In einem Anbau der Friedhofskapelle befindet sich die von Permoser selbst angefertigte Kreuzigungsgruppe.


Wolfgang Schweiger


Quellen:
Dr. Albert Prinz von Sachsen, Herzog zu Sachsen: »Balthasar Permoser, ein oberbayerischer Bildhauer im barocken Dresden«.
Sigfried Asche: »Balthasar Permoser und die Barockskulptur des Dresdner Zwingers«.
Fritz Löffler: »Der Zwinger zu Dresden«. Dietrich Nummert: »Wanderer per il mondo«.

 


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