Aufstieg und Fall des »Winterkönigs«
Die Bayerische Landesausstellung über Friedrich V. von der Pfalz

Das posthum entstandene Staatsporträt zeigt Friedrich von der Pfalz mit den Zeichen seiner Herrschaft als König von Böhmen: Wenzelskrone, Szepter und Reichsapfel. Über dem hermelingefütterten Purpurmantel trägt Friedrich die Ordenskette des Hosenbandordens.

Der niederländische Maler Gerrit van Honthorst (1590 – 1656) schuf im Auftrag der Winterkönigin Elizabeth zahlreiche posthume Bildnisse des Winterkönigs, die immer wieder auf der gleichen Portätvorlage Friedrichs beruhen. Bei diesen beiden ovalen Pendants ist Elizabeth durch den schwarzen Schleier, die Schleife und das Gewand eindeutig als Witwe gekennzeichnet.

Die Jagd gehörte zu den beliebtesten Freizeitvergnügungen, denen Friedrich und Elizabeth während ihres Exils in den Niederlanden nachgingen. Rechts im Hintergrund des Bildes sind Friedrichs Onkel, Friedrich Heinrich von Oranien, Statthalter der Niederlande, sowie dessen Frau Amalia von Solms zu sehen. Der glanzvolle Exilhof des königlichen Paares in Den Haag und Rhenen wurde zu einem großen Teil von den Niederlanden finanziert.
In den Schulbüchern wird der Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz meist nur mit wenigen Zeilen abgetan. Er ist als großer Verlierer in die Geschichte eingegangen – unter dem von seinen Gegnern auf ihn gemünzten Spottnamen »Winterkönig«. So gehört Friedrich zu den großen Unbekannten der bayerischen und deutschen Geschichte. Seine Person, sein dramatisches Schicksal und der zeitgeschichtliche Hintergrund seines Lebens bilden das Thema der vom Haus der Bayerischen Geschichte im Stadtmuseum Amberg gezeigten Bayerischen Landesausstellung »Der Winterkönig«.
Friedrich kam im Jahre 1596 als Sohn des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz und seiner Frau Louise Juliane von Oranien in Amberg zur Welt. Die Familie gehörte zur pfälzischen Linie der Wittelsbacher, die sich – im Gegensatz zur katholischen Münchner Linie – zum calvinistischen Glauben bekannte. Der Vater hatte mit anderen protestantischen Fürsten die »Union« zur Verteidigung des reformierten Glaubens gegründet, die auch von England unterstützt wurde. Durch den Besitz der Kurwürde hatten die Pfälzer das Recht, zusammen mit den sechs weiteren Kurfürsten den Kaiser zu wählen. Ihr zweigeteiltes Herrschaftsgebiet umfaßte die Rheinpfalz mit der Residenz Heidelberg und die Obere Pfalz, die von Amberg aus regiert wurde.
Die Obere Pfalz lieferte die finanziellen Grundlagen für den Reichtum der Kurpfalz durch das Oberpfälzer Eisen. Amberg war das Zentrum einer Bergbau- und Hüttenlandschaft, deren Verbindungen nach Böhmen sowie zu den Handelszentren Regensburg und Nürnberg reichten.
Im Alter von 14 Jahren verlor Friedrich seinen Vater, als 17-Jähriger heiratete er Elisabeth Stuart, die einzige Tochter des englischen Königs Jakob I., die ihm dreizehn Kinder schenken sollte. Nach der glanzvollen Hochzeit in London bezog das junge Paar das Heidelberger Schloss. Mit Erreichen der Volljährigkeit übernahm Friedrich auch die Führung der protestantischen Union. Am politischen Himmel hatten sich inzwischen dunkle Wetterwolken zusammengeballt. Brennpunkt des Konflikts war Prag, wo die Deputierten der böhmnischen Stände aus Unzufriedenheit mit der habsburgischen Politik die zwei kaiserlichen Statthalter aus einem Fenster der Prager Burg warfen und den böhmischen König Ferdinand für abgesetzt erklärten.
Auf der suche nach einem geeigneten Monarchen, der dem drohenden Angriff der Habsburger erfolgreich entgegen treten könnte, boten die böhmischen Stände Friedrich die Königskrone Böhmens an. Als überzeugter Anhänger der Reformation, Sproß einer angesehenen Herrscherfamilie und Schwiegersohn des englischen Königs erschien er als idealer Kandidat. Friedrich nahm nach einigem Zögern die Wahl an, obwohl ihm bewußt war, sich damit den österreichischen Kaiser und seinen Vetter, Maximilian von Bayern, zu Feinden zu machen.
Im November 1919 wurde der Pfälzer Kurfürst im Prager Veitsdom zum böhmischen König gekrönt. Aber schon ein Jahr später war der Traum zu Ende, als das böhmische Heer in der Schlacht am Weißen Berg von der kaiserlichen Armee und den Truppen der katholischen Liga unter der Führung von Herrzog Maximilian vernichtend geschlagen wurde. Friedrich floh ins Exil nach Den Haag, der Kaiser verhängte über ihn die Reichsacht. Seine Versuche, sein Lande wiederzugewinnen, schlugen fehl, zumal ihm sein Schwiegervater jede Hilfe verweigerte. In der belagerten Festung Mainz starb Friedrich im Alter von erst 36 Jahren an der Pest.
Mit dem Entschluß, die böhmische Königskrone anzunehmen und sich damit gegen den Kaiser in Wien zu stellen, hatte Friedrich seine Möglichkeiten fraglos überschätzt. Er hatte die Königswahl als eine »göttliche Berufung« verstanden, um der Idee der Reformation in Böhmen zum Siege zu verhelfen und den dortigen »bedrängten Glaubensbrüdern« zu Hilfe zu kommen. Neben den eta 230 000 Untertanen in seinen Erblanden war er nun Herr über in Königreich mit vier Millionen Menschen, für deren Regierung ihn die administrativen und finanziellen Voraussetzungen fehlten. Den an Frankreich orientierten lebensstil fand man in Böhmen als unpassend. Viele Sympathien verscherzte auch der radikale Bilderturm des calvinistischen Hofpredigers Skulteus, der aus dem Veitsdom sämtliche Skulpturen und Bilder entfernen ließ. Auch König Jakob von England mißbilligte öffentlich das Vorgehen seines Schwiegersohnes, mehrere Ansätze einer großen Allianz gegen Kaiser Ferdinand II. schlugen fehl, so dass die Böhmen ihre Enttäuschung über den zuvor bejubelten Herrscher nicht verbergen konnten. So ist Friedrich einerseits an seiner Selbstüberschätzung, andererseits an seiner politischen Unfähigkeit gescheitert.
Seine Witwe sollte Friedrich um 30 Jahre überleben. Der zweitgeborene Sohn Karl Ludwig konnte schließlich die rechtsrheinische Pfalz wieder gewinnen und erhielt auch eine neue – die achte – Kurwürde. Die Oberpfalz kam jedoch endgültig zu Bayern und wurde mit Hilfe der Jesuiten rekatholisiert. Unzweifelhafter Gewinner der Auseinandersetzungen war Maximilian von Bayern, der zum Kurfürsten aufstieg und durch die Oberpfalz einen ansehnlichen gebietszuwachs erhielt.
Die Ausstellung in Amberg verknüpft die Regionalgeschichte der Oberpfalz mit der Geschichte Böhmens, der Niederlande und Englands. Am Eingang begrüßt die Besucher die über zwei Tonnen schwere Sandsteinstatue Friedrichs aus dem Heidelberger Schloss. Der Rückgriff auf die zeittypische Astrologie stimmt auf einen wichtigen Aspekt der Weltdeutung der damaligen Zeit ein. Gleich darauf begegnet Friedrich in persönlichen Dokumenten, aus seiner Kindheit hat sich sogar sein Latein-Übungsheft erhalten.
Friedrichs Einzug in Prag und die prunkvolle Krönung geben Gelegenheit, das Königspaar mit den Herrscherporträts des Hofmalers Gerrit van Honthorst vorzustellen. Aus der Schatzkammer der Münchner Residenz ist der böhmische Reichsapfel Friedrichs zu sehen. Der Feldzug der kaiserlichen Armee und der »Liga« gegen die böhmischen Truppen war von einer umfangreichen »Medienkampagne« um den Winterkönig begleitet – zu wenigen Themen der frühen Neuzeit gibt es ähnlich viele Flugblätter und Flugschriften. Dieser »Krieg der Federn« wird in originalen Flugblättern gezeigt und in Medienstationen zugänglich gemacht. Einblicke in das Soldatenleben des Dreißigjährigen Krieges bietet der erst kürzlich geborgene »Tilly-Fund« mit dreihundert Gebrauchsgegenständen aus einem Soldatenlager bei Heidelberg.
Zum Abschluß der Ausstellung werden die Kinder des Königspaares in einzelnen Kabinetten vorgestellt. Der erstgeborene Sohn starb als Knabe bei einem tragischen Schiffsunglück vor den Augen seines Vaters. Karl Ludwig konnte 1649 wieder als Kurfürst in Heidelberg einziehen, er wurde Vater der berühmten »Liselotte von der Pfalz«. Der in Prag geborene Rupert war Kavallerieführer und Admiral. Die nach dem Gastland benannte Louise Hollandine trat zum katholischen Glauben über und wurde Äbtissin, ihre ältere Schwester Elisabeth beherrschte acht Sprachen, korrespondierte mit dem französischen Philosophen Rene Descartes und wurde Fürstäbtissin im evangelischen Damenstift Herford. Ihre jüngere Schwester Sophie sollte durch ihren Sohn Georg Ludwig Stammmutter des englischen Königshauses Hannover werden.
Die Ausstellung ist bis 2. November täglich von 9.30 bis 18 Uhr zu sehen.
JB
27/2003
Friedrich kam im Jahre 1596 als Sohn des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz und seiner Frau Louise Juliane von Oranien in Amberg zur Welt. Die Familie gehörte zur pfälzischen Linie der Wittelsbacher, die sich – im Gegensatz zur katholischen Münchner Linie – zum calvinistischen Glauben bekannte. Der Vater hatte mit anderen protestantischen Fürsten die »Union« zur Verteidigung des reformierten Glaubens gegründet, die auch von England unterstützt wurde. Durch den Besitz der Kurwürde hatten die Pfälzer das Recht, zusammen mit den sechs weiteren Kurfürsten den Kaiser zu wählen. Ihr zweigeteiltes Herrschaftsgebiet umfaßte die Rheinpfalz mit der Residenz Heidelberg und die Obere Pfalz, die von Amberg aus regiert wurde.
Die Obere Pfalz lieferte die finanziellen Grundlagen für den Reichtum der Kurpfalz durch das Oberpfälzer Eisen. Amberg war das Zentrum einer Bergbau- und Hüttenlandschaft, deren Verbindungen nach Böhmen sowie zu den Handelszentren Regensburg und Nürnberg reichten.
Im Alter von 14 Jahren verlor Friedrich seinen Vater, als 17-Jähriger heiratete er Elisabeth Stuart, die einzige Tochter des englischen Königs Jakob I., die ihm dreizehn Kinder schenken sollte. Nach der glanzvollen Hochzeit in London bezog das junge Paar das Heidelberger Schloss. Mit Erreichen der Volljährigkeit übernahm Friedrich auch die Führung der protestantischen Union. Am politischen Himmel hatten sich inzwischen dunkle Wetterwolken zusammengeballt. Brennpunkt des Konflikts war Prag, wo die Deputierten der böhmnischen Stände aus Unzufriedenheit mit der habsburgischen Politik die zwei kaiserlichen Statthalter aus einem Fenster der Prager Burg warfen und den böhmischen König Ferdinand für abgesetzt erklärten.
Auf der suche nach einem geeigneten Monarchen, der dem drohenden Angriff der Habsburger erfolgreich entgegen treten könnte, boten die böhmischen Stände Friedrich die Königskrone Böhmens an. Als überzeugter Anhänger der Reformation, Sproß einer angesehenen Herrscherfamilie und Schwiegersohn des englischen Königs erschien er als idealer Kandidat. Friedrich nahm nach einigem Zögern die Wahl an, obwohl ihm bewußt war, sich damit den österreichischen Kaiser und seinen Vetter, Maximilian von Bayern, zu Feinden zu machen.
Im November 1919 wurde der Pfälzer Kurfürst im Prager Veitsdom zum böhmischen König gekrönt. Aber schon ein Jahr später war der Traum zu Ende, als das böhmische Heer in der Schlacht am Weißen Berg von der kaiserlichen Armee und den Truppen der katholischen Liga unter der Führung von Herrzog Maximilian vernichtend geschlagen wurde. Friedrich floh ins Exil nach Den Haag, der Kaiser verhängte über ihn die Reichsacht. Seine Versuche, sein Lande wiederzugewinnen, schlugen fehl, zumal ihm sein Schwiegervater jede Hilfe verweigerte. In der belagerten Festung Mainz starb Friedrich im Alter von erst 36 Jahren an der Pest.
Mit dem Entschluß, die böhmische Königskrone anzunehmen und sich damit gegen den Kaiser in Wien zu stellen, hatte Friedrich seine Möglichkeiten fraglos überschätzt. Er hatte die Königswahl als eine »göttliche Berufung« verstanden, um der Idee der Reformation in Böhmen zum Siege zu verhelfen und den dortigen »bedrängten Glaubensbrüdern« zu Hilfe zu kommen. Neben den eta 230 000 Untertanen in seinen Erblanden war er nun Herr über in Königreich mit vier Millionen Menschen, für deren Regierung ihn die administrativen und finanziellen Voraussetzungen fehlten. Den an Frankreich orientierten lebensstil fand man in Böhmen als unpassend. Viele Sympathien verscherzte auch der radikale Bilderturm des calvinistischen Hofpredigers Skulteus, der aus dem Veitsdom sämtliche Skulpturen und Bilder entfernen ließ. Auch König Jakob von England mißbilligte öffentlich das Vorgehen seines Schwiegersohnes, mehrere Ansätze einer großen Allianz gegen Kaiser Ferdinand II. schlugen fehl, so dass die Böhmen ihre Enttäuschung über den zuvor bejubelten Herrscher nicht verbergen konnten. So ist Friedrich einerseits an seiner Selbstüberschätzung, andererseits an seiner politischen Unfähigkeit gescheitert.
Seine Witwe sollte Friedrich um 30 Jahre überleben. Der zweitgeborene Sohn Karl Ludwig konnte schließlich die rechtsrheinische Pfalz wieder gewinnen und erhielt auch eine neue – die achte – Kurwürde. Die Oberpfalz kam jedoch endgültig zu Bayern und wurde mit Hilfe der Jesuiten rekatholisiert. Unzweifelhafter Gewinner der Auseinandersetzungen war Maximilian von Bayern, der zum Kurfürsten aufstieg und durch die Oberpfalz einen ansehnlichen gebietszuwachs erhielt.
Die Ausstellung in Amberg verknüpft die Regionalgeschichte der Oberpfalz mit der Geschichte Böhmens, der Niederlande und Englands. Am Eingang begrüßt die Besucher die über zwei Tonnen schwere Sandsteinstatue Friedrichs aus dem Heidelberger Schloss. Der Rückgriff auf die zeittypische Astrologie stimmt auf einen wichtigen Aspekt der Weltdeutung der damaligen Zeit ein. Gleich darauf begegnet Friedrich in persönlichen Dokumenten, aus seiner Kindheit hat sich sogar sein Latein-Übungsheft erhalten.
Friedrichs Einzug in Prag und die prunkvolle Krönung geben Gelegenheit, das Königspaar mit den Herrscherporträts des Hofmalers Gerrit van Honthorst vorzustellen. Aus der Schatzkammer der Münchner Residenz ist der böhmische Reichsapfel Friedrichs zu sehen. Der Feldzug der kaiserlichen Armee und der »Liga« gegen die böhmischen Truppen war von einer umfangreichen »Medienkampagne« um den Winterkönig begleitet – zu wenigen Themen der frühen Neuzeit gibt es ähnlich viele Flugblätter und Flugschriften. Dieser »Krieg der Federn« wird in originalen Flugblättern gezeigt und in Medienstationen zugänglich gemacht. Einblicke in das Soldatenleben des Dreißigjährigen Krieges bietet der erst kürzlich geborgene »Tilly-Fund« mit dreihundert Gebrauchsgegenständen aus einem Soldatenlager bei Heidelberg.
Zum Abschluß der Ausstellung werden die Kinder des Königspaares in einzelnen Kabinetten vorgestellt. Der erstgeborene Sohn starb als Knabe bei einem tragischen Schiffsunglück vor den Augen seines Vaters. Karl Ludwig konnte 1649 wieder als Kurfürst in Heidelberg einziehen, er wurde Vater der berühmten »Liselotte von der Pfalz«. Der in Prag geborene Rupert war Kavallerieführer und Admiral. Die nach dem Gastland benannte Louise Hollandine trat zum katholischen Glauben über und wurde Äbtissin, ihre ältere Schwester Elisabeth beherrschte acht Sprachen, korrespondierte mit dem französischen Philosophen Rene Descartes und wurde Fürstäbtissin im evangelischen Damenstift Herford. Ihre jüngere Schwester Sophie sollte durch ihren Sohn Georg Ludwig Stammmutter des englischen Königshauses Hannover werden.
Die Ausstellung ist bis 2. November täglich von 9.30 bis 18 Uhr zu sehen.
JB
27/2003