Jahrgang 2011 Nummer 25

75 Jahre Pfarrkirche »Zum Kostbaren Blut« Marquartstein

Ein Streifzug durch die Baugeschichte der Kirche

Pfarrkirche »Zum Kostbaren Blut« in Marquartstein.

Pfarrkirche »Zum Kostbaren Blut« in Marquartstein.
Der Hochaltar ist ein Werk von Bildhauer Franz Lorch aus München.

Der Hochaltar ist ein Werk von Bildhauer Franz Lorch aus München.
Der Marienaltar wurde von Clara Fries gestiftet.

Der Marienaltar wurde von Clara Fries gestiftet.
Die Pfarrgemeinde Marquartstein kann heuer ein Doppeljubiläum begehen: Vor 75 Jahren wurde die Pfarrkirche »Zum Kostbaren Blut« geweiht, und vor 65 Jahren erfolgte die Erhebung zur selbstständigen Pfarrei.

Bis zum Bau der Kirche war Marquartstein eine Filiale von Grassau. Von dort kam in der Regel einmal in der Woche ein Priester, um in der hochgelegenen Burgkirche St. Veit einen Gottesdienst zu feiern.

Mit dem Bau der Eisenbahn von Übersee nach Marquartstein (1885) und dem gleichzeitig aufkommenden Fremdenverkehr begann ein wirtschaftlicher Aufschwung des Ortes; die Zahl der Einwohner stieg rasch an. Der Wunsch nach einer eigenständigen Pfarrei und einer großen, zentral gelegenen Kirche wurde immer drängender. Die kleine Burgkirche konnte vor allem im Sommer, wenn viele Feriengäste im Ort weilten, die Gottesdienstbesucher nicht mehr fassen.

Kardinal mit Weitblick

Der damalige Erzbischof der Diözese München und Freising, Kardinal Michael von Faulhaber erkannte die Notwendigkeit eines Neubaus und stellte schließlich 130 000 RM aus einem besonderen Fond zur Verfügung. Bei der Auswahl des Bauplatzes schaltete er sich sogar persönlich ein und bewies dabei einen erstaunlichen Weitblick. Weil der Schwerpunkt des Ortes rechts der Ache lag, bevorzugte man in Marquartstein ein Hanggelände unterhalb der Burg, etwa gegenüber der heutigen Grundschule. In einem Brief vom 10. Juni 1933 schrieb der Kardinal: »Gewiß liegt der Schwerpunkt des heutigen Dorfes am rechten Ufer der Ache, die Bauentwicklung aber drängt nach der anderen Uferseite und da wir die Kirche zugleich für Pettendorf und Piesenhausen bauen, die ja doch in die neue Kirche kommen würden, müssen wir mit der Kirche auch diesen Gemeinden ein wenig entgegenkommen.« So wurde der jetzige Platz gewählt.

Am 20. Mai 1935 erfolgte der erste Spatenstich, und bereits sieben Monate später fand die Hebefeier statt. In einer feierlichen, mehrere Stunden dauernden Zeremonie weihte Kardinal Faulhaber am 9. August 1936 die neue Kirche. Die vielen Gläubigen mussten hierbei die ganze Zeit über stehen, weil die Kirchenbänke noch nicht montiert waren.

Marquartstein wurde nun eine Expositur (d.h. ein Seelsorgebezirk ohne eigene Vermögensverwaltung) und schließlich am 21. April 1946 selbständige Pfarrei.

Der Gotik nachempfunden

Mit dem Bau der Kirche wurde der Münchner Architekt Georg Berlinger jun. beauftragt. Berlinger baute mehrere Kirchen in der Region (so etwa in Oberwössen, Hammer und Weißbach an der Alpenstraße), und machte sich später als Dombaumeister um den Wiederaufbau des Liebfrauendoms in München verdient. Er starb 1992 im Alter von 82 Jahren, war also beim Bau der Marquartsteiner Kirche erst 25 Jahre alt. Nach seinen eigenen Aussagen wollte der Architekt eine »Landkirche mit einem möglichst klaren, einfachen Innenraum« schaffen. Dies ist ihm zweifellos gelungen.

Im äußeren Erscheinungsbild erinnert der Bau an eine gotische Kirche. Ihre Maße betragen 36 m in der Länge und 21,5 m in der größten Breite. Der Turm misst bis zur Kreuzspitze 51,5 m. Die Überdachung über dem Hauptportal ruht auf Säulen aus heimischem Marmor.

Eine Besonderheit der Kirche ist, dass sie nicht »geostet« ist. Gewöhnlich verläuft die Längsachse der Kirchen in West-Ost-Richtung, wobei der Hauptaltar meist im Osten des Kirchenschiffs errichtet ist. Bei der Planung der Kirche beschloss man, zwar die übliche West-Ost-Ausrichtung der Längsachse vorzunehmen, den Altar aber im Westen des Kirchenschiffes zu errichten: Das Hauptportal sollte sich zu den Menschen im Ort hin öffnen.

»Heilig Blut« contra »Blut und Boden«

Es war der ausdrückliche Wunsch von Kardinal Faulhaber, dass die Marquartsteiner Kirche das Patrozinium »Zum Kostbaren Blut Jesu Christi« erhält. In der Verleihungsurkunde heißt es »Preciosissimi Sanguinis Domini Nostri Jesu Christi«; der Volksmund spricht vereinfacht von »Heilig Blut«.

Zur Zeit der Weihe waren die Nationalsozialisten schon über drei Jahre an der Macht. Von Anfang an propagierten sie den Mythos von »Blut und Boden«. Blut – das stand für die besonderen Erbanlagen, die das deutsche Volk über alle anderen erheben sollten. Gebunden ist dieses Erbgut nach dieser verqueren Ideologie an das deutsche Land, an den Boden. Dieses Erbe müsse reinerhalten, fremdes Blut ausgemerzt werden. Mit allen Mitteln der Propaganda wurden diese Vorstellungen zu einer Ersatzreligion hochstilisiert. Blut und Boden wurden als etwas Heiliges dargestellt.

Dieser Ideologie wollte Kardinal Faulhaber das Patroztinium der neuerbauten Kirche entgegenstellen. In seiner Predigt bei der Kirchenweihe brachte er dies deutlich zum Ausdruck. Wörtlich sagte er: »Die Kirche soll mit diesem Namen an das Geheimnis der Erlösung im Blute des unbefleckten Lammes erinnern ... Es wäre Wahnsinn, zu sagen, Offenbarung und Erlösung könnten aus dem eigenen Blut kommen. Die neue Kirche soll ein öffentliches Bekenntnis sein: Wir bleiben beim Glauben unserer Väter.«

Das »Fest des Kostbaren Blutes«, das auf den 1. Juli festgelegt war, wurde bei der Reform des Römischen Kalenders 1969 gestrichen, weil sein Inhalt schon mit dem Fronleichnamsfest gefeiert wird. Die Pfarrgemeinde begeht aber weiterhin am 1. Juli bzw. am darauffolgenden Sonntag das Patroziniumsfest.

Der Hochaltar - Gold und Silber für hochwertige Schnitzkunst

Der Patroziniumsgedanke ist im Hochaltar anschaulich gemacht. Betritt man die Kirche, so wird der Blick sofort auf das hochaufragende Kreuz mit dem leidenden Erlöser gelenkt. Unter dem Kreuz stehen Maria, die Mutter Jesu, und der Jünger Johannes.

Die Reliefbilder darunter sind nach Art eines gotischen Flügelaltares angeordnet. Sie zeigen vier Szenen aus der Leidensgeschichte, bei denen Christus Blut vergoss, und die somit ebenfalls auf das Patrozinium hinweisen: Jesus am Ölberg, Geißelung, Dornenkrönung und Kreuzweg. Zusammen mit der Kreuzigungsgruppe bilden sie die fünf »Geheimnisse des schmerzhaften Rosenkranzes« ab.

Geschaffen hat den Hochaltar der Bildhauer Franz Lorch aus München, der zahlreiche Kirchen mit Bildwerken ausgestattet hat. Figuren und Reliefs sind eine künstlerisch hochwertige Holzschnitzarbeit.

Nach der Vollendung des bunt glänzenden rechten Seitenaltars stellte man fest, dass der naturholzbelassene Hochaltar damit nicht harmonierte. Außerdem wirkte der Seitenaltar zu dominant gegenüber dem Hauptaltar. So entschloss man sich, die Figuren zu vergolden und die Reliefs in Silber zu fassen. Leider verloren dadurch die Figuren an Ausdruckskraft, wie Fotos der ungefassten Figuren zeigen. In der Bevölkerung bedauerte man es sehr, dass die Figuren nicht im ursprünglichen Zustand belassen wurden.

Der Altartisch darunter wurde aus heimischem Marmor gefertigt, und zwar die Platte aus Ruhpoldinger, der Sockel aus Wuhrbichler Marmor. Aus dem gleichen Material bestehen die Altartische der Seitenaltäre. (Der Wuhrbichl liegt am südlichen Ortseingang von Marquartstein. Früher wurde dort in einem Steinbruch Marmor gewonnen).

Neugestaltung der Kirche

1983 erfolgte eine Neugestaltung des Altarraumes. Damals wurden der heutige Volksaltar, Ambo, Priestersitz und Ministrantenbänke errichtet. Ausgeführt wurden die Arbeiten in Bronze von Manfred Bergmeister aus Ebersberg, einem international bekannten Kunstschmied, der unter anderem auch für den Liebfrauendom und die Neue Pinakothek in München gearbeitet hat.

In der kleinen Öffnung in der Mitte des Altarsockels befindet sich eine Reliquie von Caspar del Bufalo, der in Rom von 1786 bis 1837 lebte. Dieser gründete 1815 die »Missionare vom Kostbaren Blut Jesu Christi« und wurde 1954 heilig gesprochen. So ergibt sich hier wiederum ein Bezug zum Patrozinium der Kirche. Dass die Pfarrei diese Reliquien erhielt, verdankt sie Pater Winfrid von Essen, der diesem Orden angehört und von 1982 bis 1988 Pfarrer in Marquartstein war.

Gleichzeitig mit der Neugestaltung des Altarraums wurde die Predigtkanzel abgebaut. Sie befand sich an der linken Wand vor dem ersten Fenster und wurde durch eine Innentreppe von der Sakristei aus erreicht. Ihre Umrisse sind an der Wandmalerei noch zu erkennen. Damals wurde auch das Kommuniongitter entfernt, das den Altarraum vom übrigen Kirchenschiff trennte; es wurde für die Gittertüre der Taufkapelle verwendet.

Leuchtende Farben am Seitenaltar

Der rechte Seitenaltar ist Maria, der Gottesmutter, geweiht. Das leuchtende Rot und Blau des Altarbildes zieht den Betrachter sofort in seinen Bann. Das Bild zeigt Maria auf einem goldenen Thron sitzend, auf ihrem Schoß das Jesuskind. In ihrer rechten Hand hält die Muttergottes ein stilisiertes Maßliebchen (Gänseblümchen), das wegen seiner Heilkraft als Marienpflanze gilt: Maria hat der Welt das Heil (Jesus) geschenkt. Das Jesuskind hebt segnend die rechte Hand; mit seiner linken umfasst es die Weltkugel. Flankiert werden Maria und Jesuskind von anbetenden Engeln.

Das Altarbild ist in der Technik der Plattenmalerei ausgeführt. Ähnlich wie ein Mosaik wurde es aus kleineren bemalten und dann gebrannten Keramikplatten zusammengesetzt. Geschaffen hat es 1937 der Münchner Kunstmaler Wilhelm Pütz in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Süddeutschen Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei in München-Solln. Pütz wurde 1875 in Köln geboren und starb 1957 in München. In zahlreichen Kirchen finden sich seine Werke (vor allem Glasfenster und Mosaike).

Unterhalb des Altarbildes wurde 1984 ein Tabernakel eingefügt, der wie der Volksaltar ein Werk von Manfred Bergmeister ist. Der Tabernakel ist aus Bronze geschmiedet; seine Türen sind vergoldet, das Gitter ist verzinnt.

Kartoffeln für den Künstler

Beherrschend steht am linken Seitenaltar die Figur des heiligen Bruder Konrad, die 1941 von der damals in München lebenden akademischen Bildhauerin Maria Elisabeth Stapp aus Ton modelliert wurde. Zunächst brachte man hinter der Figur des Heiligen einen Stuckvorhang an, der von kleinen Putten gehalten wurde. Dieser wurde aber von einem Handwerker so stümperhaft ausgeführt, dass Pfarrer und Kirchenverwaltung entsetzt über »diesen Kitsch« waren. So wurde nach Kriegsende Wilhelm Pütz beauftragt, einen neuen Hintergrund zu schaffen, und zwar in derselben Technik wie beim Marienaltar. Die Bilder zeigen das Zentrum von Altötting, dem Wirkungsort des Heiligen, sowie Szenen aus seinem Leben.

Welcher Mangel an Lebensmitteln und Gebrauchsgütern in der Nachkriegszeit herrschte, zeigen Briefe aus dem Jahr 1946. So erinnert Wilhelm Pütz am 15. Oktober den Marquartsteiner Pfarrer an sein Versprechen, ihm Kartoffeln zu schicken; »der Preis spielt keine Rolle«. Und der Pfarrer mahnt in mehreren Schreiben an den Architekten eine Spiritusflasche an, die ein Handwerker aus München nach Arbeiten am Seitenaltar mitgenommen hat. Für uns ist das heute kaum mehr vorstellbar.

Der Kunstmaler Werner Schön

Ursprünglich waren die Wände des gesamten Kirchenschiffes in schlichtem Weiß. Erst in den Jahren 1946 bis 1948 wurde die Wandmalerei von Kunstmaler Werner Schön ausgeführt.

Schön wurde 1893 in Berlin geboren. Nachdem ihm der Vater ein Kunststudium verwehrt hatte, wurde er Porzellanmaler in der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Berlin. Nebenher besuchte er nun Malkurse an der Akademie und nahm auch Privatunterricht. Später wechselte er ins graphische Atelier des renommierten Ullstein-Verlags. 1937 zog er nach Piesenhausen (heute Gemeinde Marquartstein), wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1970 als freiberuflicher Künstler lebte. Sein Grab befindet sich auf dem kirchlichen Friedhof. Ein Jahr vor seinem Tod wurde ihm in Anerkennung seines künstlerischen Lebenswerkes ein Ehrensold vom bayerischen Kultusministerium zuerkannt.

Mit dem damaligen Pfarrer von Marquartstein, Paul Sedlmaier, entwickelte Schön die Idee, die Kirche mit Wandgemälden auszugestalten. 1945 bekam er vom erzbischöflichen Ordinariat den Auftrag dazu. Nach den Vorarbeiten begann er im Frühjahr 1946 mit der Ausführung, die ihn fast drei Jahre lang voll in Anspruch nahm. Nicht nur künstlerisch, auch rein handwerklich war dies eine große Herausforderung für ihn; denn er führte die Malarbeiten ohne Gehilfen aus. Lediglich beim Durchdrücken der Konturen der einzelnen Bilder durch das Pauspapier auf den Rauputz der Wand ging ihm seine Frau zur Hand. Zudem herrschte in diesen Nachkriegsjahren vor der Währungsreform ein Mangel an allen nötigen Materialien. Um die Farbpigmente zu besorgen, reiste er nach München und Salzburg; teilweise tauschte er sie gegen Naturalien ein.

Für viele Figuren standen ihm Bewohner Piesenhausens Modell

Die Farben hat Schön auf den trockenen Putz aufgetragen, das heißt es handelt sich hier nicht um Freskomalerei (bei der die Farben auf den frischen, noch feuchten Kalkmörtel aufgebracht werden. Im strengen Sinn sind die Gemälde also keine Fresken).

Ärger um die Wandgemälde

Der Architekt der Kirche war über die Ausmalung nicht glücklich, da sie seiner Konzeption einer einfachen Landkirche widersprach. In einem geharnischten Brief an den Pfarrer schreibt er am 28. Oktober 1946: »...dass ich nicht dulden werde, wenn an dem Kircheninnern gegen alle Regel und Kunst herumgepfuscht wird«. Pfarrer Sedlmaier hatte es nicht leicht; immer wieder musste er sich mit dem Architekten, mit ausführenden Künstlern und nicht zuletzt mit Bedenken seiner Gemeindemitglieder auseinandersetzen. Dazu kam, dass er immer wieder für die Ausstattung der Kirche betteln gehen musste.

Erhebliche Unstimmigkeiten gab es auch gegen Ende der Ausmalung. Nachdem 8 der 12 geplanten Szenen fertig waren, kam im Juni 1948 die Währungsreform. Nun wollte die Kirchenverwaltung für die restlichen Bilder nur noch 1/10 des in Reichsmark vereinbarten Preises in DM bezahlen (entsprechend dem offiziellen Abwertungskurs). Der Künstler forderte aber dafür dieselbe Summe in DM wie vorher in RM. Man zahlte schließlich etwa 40 % der geforderten Summe. Schön war sehr gekränkt, verzichtete aber auf einen Rechtsstreit.

Das Credo

Bei der Beurteilung der Wandgemälde muss man den damaligen Zeitgeschmack berücksichtigen; für den modernen Menschen wirken manche Szenen sehr pathetisch. Auch sind sie noch der Bildersprache vergangener Jahrhunderte verpflichtet, etwa wenn Gott, der Schöpfer, als bärtiger Greis dargestellt wird und die Engel mit riesigen Flügeln zum Himmel aufsteigen. Andererseits lässt dieses monumentale Werk die tiefe Religiosität und Hingabe des Künstlers spüren. »Ich habe oft den Eindruck, dass es nicht meine Hand ist, die den Pinsel führt«, ist als Zitat des Künstlers während dieser Arbeiten überliefert. Viele Details der Bildszenen weisen darauf hin, wie vertraut Schön mit der Bibel war.

Den zwölf überlebensgroßen Einzelszenen liegt ein gemeinsames Thema zugrunde: Das Credo. Solche zyklischen Darstellungen des Glaubensbekenntnisses findet man sehr selten, die flächendeckende Ausführung dieses Themas dürfte aber einzigartig sein. Die Anregung dafür gab der Credozyklus in der 1929 erbauten Pfarrkirche St. Sebastian in München. Dieser wurde aber im 2. Weltkrieg zerstört.

Den Mittelpunkt der Gemälde an der linken Kirchenwand bildet »die Vergebung der Sünden«. Der Künstler hat hier Pfarrer Paul Sedlmaier und sich selbst portraitiert. Der Priester erteilt dem reuigen Sünder die Absolution. Darüber befinden sich Portraits vom damaligen Papst Pius XII. und Kardinal Faulhaber.

Kreuzwegstationen

Bevor die Wandgemälde ausgeführt wurden, setzten die Kreuzwegstationen einen deutlichen Akzent im Kirchenschiff. Heute sind sie eher unauffällig. Auf sieben Tafeln sind jeweils zwei Leidensstationen des Kreuzwegs dargestellt. Die Marmorreliefs schuf 1938 Theodor Georgii, Professor an der Akademie der bildenden Künste in München. Zu seinen viel beachteten Werken zählt auch die Wiederherstellung des kriegszerstörten Wittelsbacher Brunnens in München.

Kein Geld für Glasmalereien

Im Kirchenschiff weist das 1. Fenster der rechten Wand eine Glasmalerei auf. Es zeigt den auferstandenen Heiland und steht somit theologisch gesehen in enger Beziehung zum Hochaltar Ursprünglich waren für alle Fenster Glasmalereien geplant, aus Kostengründen konnte aber nur dieses eine ausgeführt werden. Später verzichtete man wegen der Wandgemälde auf weitere bunte Fenster.

Das Holzgewölbe und die freitragenden Querstreben lassen den Raum niedriger erscheinen und verleihen ihm eine gewisse Wärme. Zugleich soll diese Konstruktion an die Wohnstuben der alten Bauernhäuser erinnern, für die Holzdecken und sichtbare Tragebalken charakteristisch sind: Der Kirchenraum als »gute Stube« der Pfarrgemeinde. Die gewölbte Holzdecke aus Lärchenholz verleiht dem Kirchenraum eine hervorragende Akustik, die vom Kirchenchor ebenso geschätzt wird wie von Sängern und Musikern, die hier bei Kirchenkonzerten gastieren.

Kapelle als Geräteraum

Gleichzeitig mit den Renovierungsarbeiten im Altarraum wurde 1983 auch die Taufkapelle ausgebaut. Für die zweiflügelige Gittertüre schmiedete Manfred Bergmeister Teile des Kommuniongitters um und verzinnte sie. Der Taufbrunnen in der Mitte ist ein Werk des Bildhauers Michael Friedrichsen (geboren 1938; freischaffender Bildhauer in Kirchheim bei München). Bis 1983 befand sich im Eingang zur Taufkapelle eine Krippe. Deshalb konnte der Raum nur durch eine Tür von außen betreten werden; er diente als Geräteraum für den Friedhof.

Spendenfreudigkeit

Die von Kardinal Faulhaber zur Verfügung gestellten Mittel reichten für den Kirchenbau. Für die Innenausstattung musste aber im wesentlichen die Kirchengemeinde selbst aufkommen. Die Bewohner der damals noch recht kleinen Gemeinde spendeten dafür erhebliche Summen, wie die Spendenlisten im Pfarr archiv zeigen. Der Marienaltar wurde von der Forstmeisterswitwe Clara Fries, der Kreuzweg von Freifrau von Donnersperg gestiftet. Der Hochaltar ist eine Stiftung von Georg Berlinger senior, der selbst einige Kirchen gebaut hatte (zum Beispiel in Wildenwart).

Verordnung des 3. Reiches verhindert Friedhof

Bei der Planung der Kirche war von Anfang an ein Friedhof in deren Umfeld vorgesehen; doch erst 1946 konnte dieses Vorhaben verwirklicht werden. Mehrmals stellte man Anträge auf Genehmigung einer Friedhofsanlage. Diese wurden immer wieder abgelehnt, weil nach einer Verordnung des 3. Reiches aus dem Jahr 1935 »die Errichtung von Begräbnisplätzen den bürgerlichen Gemeinden obliegt«, mit anderen Worten: der Kirche war es nunmehr verboten, Friedhöfe neu anzulegen. So musste man bis zum Zusammenbruch des Hitlerregimes warten. Bis dahin wurden die Verstorbenen auf dem Friedhof in Grassau beerdigt. Viele Mitglieder der neuen Pfarrgemeinde ließen dann ihre toten Angehörigen nach Marquartstein umbetten.

Gelübde in höchster Not

Am 4. Mai 1945, also kurz vor Ende des 2. Weltkriegs, ging eine amerikanische Einheit in Pettendorf in Stellung. Sie feuerte Warnschüsse auf das Ortszentrum, in dem sich noch Reste deutscher Truppen hielten. Eine Granate riss ein Loch in die Ostfassade der Pfarrkirche. In der höchsten Not gelobte Pfarrer Sedlmaier eine jährliche Dankprozession zur Burgkirche, wenn Marquartstein vor weiterer Zerstörung verschont bliebe. Dieses Gelübde hält die Pfarrgemeinde ein und zieht jährlich am Abend des 4. Mai in einer Prozession hinauf nach St. Veit.

Rudolf Thanner

Quellen:
Archiv der Pfarrei Marquartstein
P. Winfrid von Essen, Die Kirchen der Pfarrei Marquartstein, Kirchenführer 1985 (vergriffen)
Werner Schön, Biografie, o. Verf.



25/2011