Jahrgang 2007 Nummer 32

250 Jahre St.-Anna-Kapelle beim Dechantshof

1757 erhielt sie von Fürstbischof Sigismund Graf von Schrattenberg die Weihe

Der schöne Rokoko-Altar in der St-Anna-Kapelle

Der schöne Rokoko-Altar in der St-Anna-Kapelle
Das Portrait von Dechant Joseph Mayr

Das Portrait von Dechant Joseph Mayr
Historiker Hans Roth ging in einem sehr interessanten Vortrag auf die Bedeutung dieses Rokokojuwels in der Pfarrei Teisendorf ein.

Das war ein großer Tag für die Teisendorfer, die vom Markt heraus strömten und aus den Filialgemeinden mit ihren Fahnen hierher zogen, als am Sonntag nach Ostern, dem 14. April 1757, die Kapelle beim Dechantshof ihre Weihe durch den Salzburger Fürsterzbischof Sigismund Graf von Schrattenbach erhielt. Mit ihm, dem geistlichen Landesherrn, kam ein großes Gefolge mit Zeremoniar, Domherren und dem Klerus aus dem ganzen Dekanat um der Feierlichkeit beizuwohnen.

So kann die St. Anna-Kapelle ihr 250-jähriges Bestehen feiern. Die Kapelle, die ja bereits einige Vorgängerinnen hatte. Der sehr fromme Pfarrer Ekkard Wieser erbaute bereits innerhalb des Pfarrhofbereichs eine Kapelle, die 1438 durch Erzbischof Johann II von Reisberg geweiht wurde. 1638 stürzte der neben der Kapelle stehende Wehrturm ein und zerstörte dabei auch die Kapelle, die aber wieder aufgebaut wurde. Näheres ist darüber nicht zu erfahren, bis dann 1740 besagter Pfarrer Joseph Mayr nach Teisendorf kam, der aus eigenen Mitteln neben der alten, eine neue Kapelle erbauen ließ.

Doch blenden wir die Geschichte noch einmal zurück. Der Dechantshof, wie er im Sprachgebrauch auch heute noch heißt, lag außerhalb des Marktes und somit ein schönes Stück Weges von der Pfarrkirche im Markt entfernt. Es war eine Einöde mit landwirtschaftlichem Betrieb aus dem der Pfarrherr seinen Unterhalt erwirtschaften musste. Früher gab es nur Eigenkirchen des Bischofs und des Adels, die später dann zu Pfarreien wurden.

Hier in Teisendorf, im alten Pfarrhof saßen ursprünglich die Herren von Teisendorf. Angehörige dieser Ministerialenfamilie, Heinrich und Papo gehörten dem Domkapitel an. Papo wird 1147 auch als Pfarrer von Teisendorf genannt. Dadurch wurde der Familienbesitz zum Pfarrsitz.

Die Teisendorfer Pfarrökonomie zählte durch den Zuerwerb und wirtschaftliches Haushalten bereits 1497 zu den bestdotiertesten im ganzen Flachland, wofür nur finanzkräftige Bewerber in Frage kamen, musste doch beim Tod eines Pfarrers der Nachfolger von den Erben des Verstorbenen die lebende und tote »Fahrnis«, also das Vieh und die landwirtschaftlichen Geräte, ablösen. Anfang 1500 muss der damalige Pfarrhof noch ein Durcheinander von mehreren Stein- und Holzbauten aus früheren Jahrhunderten gewesen sein. 1536 lässt Pfarrer Diether ein eigenes Haus für die Kooperatoren erbauen, 1606 errichtet Pfarrer Rottmayer einen neuen Pfarrhof und 1620 wird Teisendorf zum Sitz eines Landdekanats erhoben, dessen Sprengel bis Surheim und Ainring und hinüber nach Siezenheim reichte und selbst Stift Höglwört mit einschloss. Vier Kooperatoren unterstützen den Dekan in seinen Aufgaben, zu denen es auch gehörte, die Pfarreien zu visitieren, Streitigkeiten zwischen den jeweiligen Pfarrern mit ihre Mesner, dem Schulleiter und dem Organisten zu schlichten.

Die Einnahmen der Pfarrei kamen aus den geistlichen Verrichtungen und sakramentalen Handlungen, den Hochzeiten, Taufen und Begräbnissen, aus gestifteten Messen und aus den Zinsen ausgeliehenen Kapitals. Die Pfarreien waren damals wie eine Raiffeisenbank für die Bevölkerung, Zinsen für die ausgegebenen Darlehen mussten zu Georgi oder Michaeli entrichtet werden.

Außerdem war der Dechant von Teisendorf ein Großbauer mit 142 Tagbau Feldern, Wiesen und Wald und einer Weinleiten und einem entsprechend großen Viehbestand an Rindern, Schafen, Schweinen und Hühnern. Dazu war der Teisendorfer Pfarrer auch Wirt und besaß das Recht des »Weinschenkens«.

Die Einnahmen aus dem kirchlichen Dienst, der Ökonomie und dem Wirtsbetrieb machten es Dekan Mayr möglich, den Bau und die Ausstattung der Kapelle zu finanzieren.

Aber warum war eine Kapelle im Pfarrhof notwendig, wenn doch die schöne Pfarrkirche im Markt vorhanden war? Zum einen entsprach dies der damaligen Frömmigkeitshaltung, für die Geistlichen und das Gesinde eine Andachtsstätte in der Nähe zu haben, zum anderen war die Pfarrkirche, in der das Allerheiligste aufbewahrt war, doch ein ganz schönes Stück entfernt. Die Pfarrherren oder Kooperatoren mussten vor Versehgängen immer zuerst in den Markt gehen oder reiten, um die »Wegzehrung« zu holen.

Wer war nun Dekan Mayr? Als gebürtiger Salzburger, studierte er an der Benediktiner-Universität, erhielt 1718 die Priesterweihe und war dann an verschiedenen Seelsorgestellen tätig. 1727 wurde er Vikar in Seethal im Lungau, 1737 Stadtkaplan in Salzburg und am 22. Juli 1740 trat er das Amt als Pfarrer und Dechant in Teisendorf an.

Er vergrößerte den Pfarrhof und erbaute 1757 »von Grund auf«, wie es heißt, die St. Anna-Kapelle. Da er alles aus eigenen Mitteln finanzierte, fehlen Rechnungen und so kann nun auch nichts über die mit dem Bau befassten Handwerker und Künstler erfahren werden.

Die Kapelle ist die kunstgeschichtlich bedeutsamste Sehenwürdigkeit der Pfarrei. Roth nannte sie ein Rokokojuwel, wie es nur wenige Beispiele in unserem Raum gibt. Zu ihnen gehören die Schlosskapelle in Triebenbach und die Stuckierung der Stiftskirche Höglwörth. In dem Saalbau mit leicht eingezogenem Chorraum stammen, die in rosa Stuck gehaltenen, eleganten, zerflatterten Rocaillen wohl von dem Salzburger Christian Fenninger. Gleicher Stuck kommt in der Schlosskapelle Triebenbach ebenso vor, wie in den Kirchen von Eugendorf, Zellhof und Mülln, wo Fenninger gearbeitet hat.

Im Chorbogen hat sich der Erbauer in einer Kartusche mit Wappen und den Initialen »IM – DD« verewigt, das heißt: Josephus Mayr, Decanus Deisendorfensis.

Im Langhaus sind noch Maria de Victoria und dann der Hl Johannes von Nepomuk als farbiges Stuckrelief zu sehen. Die Emporenbrüstung ziert die Weiheinschrift in zarter Stuckumrahmung. Der reiche Altaraufbau birgt ein sehr qualitätsvolles und inniges St. Anna-Bild, signiert von Joseph Franz Hötzl. Zu beiden Seiten des Hauptbildes sind die Figuren von Zacharias und Elisabeth als Angehörige der Heiligen Sippe zu sehen und im schwungvoll gestalteten und mit Engeln und Putten besetzten Aufsatz die Darstellung des Hl. Johannes des Täufers. Diese plastischen Arbeiten dürften vom Traunsteiner Bildhauer Johann Dietrich stammen, ebenso die fein geschnitzten Rokokovasen über den Seiteneingängen zur hinteren Sakristei. Die barock nachempfundenen Figuren der Hl. Barbara und Katharina wie den Hl. Florian und Georg schuf 1869 der Bauernsohn Matthäus Kern aus Eichham. Aus der gleichen Zeit stammen auch die Ovalbilder an den beiden Sakristeitüren, die der Teisendorfer Maler Hitzinger geschaffen haben könnte und die heilige Priester darstellten.

Für die neue Kapelle wurde noch im gleichen Jahr ein ewiges Licht angeschafft, weil das hochwürdigste Gut hier verwahrt werde und sich das andächtige Weibervolk hier gewiss zum Beten einfinden werde. Auch über Meßstiftungen verfügte die Kapelle. Schon bei der Weihe hat der Erzbischof 100 Gulden für zwei Jahresmessen gestiftet, die erste musste immer am 5. April zelebriert werden. Das war der Tag, an dem der Erzbischof gewählt worden war. Die zweite am folgenden Tag, wo für ihn um eine gute Sterbestunde gebetet werden sollte, und dies auf ewige Zeiten.
Der Dechant stirbt am 14. Juni 1767, am 1., 7. und 30. Todestag wurden unter großer Anteilnahme des Klerus, des Dekanats und der Bevölkerung Seelenmessen gelesen und jedes Mal 100 Gulden Almosen an die Hausarmen verteilt.
Auch sonst hat Dechant Mayr testamentarisch ganz genau festgelegt, wer alles bei seinem Tod mit Zuwendungen bedacht werden sollte. Dabei kommen auch die Verwandtschaft und seine Haushälterin nicht zu kurz.
Da es ein großer Wunsch von Mayr war, in der weit entfernten Filialkirche Neukirchen ein Vikariat mit einem ständig wohnenden Priester zu errichten, stiftete er hierfür die beachtliche Summe von 4000 Gulden. Das Vikariat wurde zwei Jahre nach seinem Tod errichtet und sein Vetter Matthäus Mayr dort als erster Vikar eingesetzt.

Waltraud Huber



32/2007