Jahrgang 2007 Nummer 39

100 Jahre »Die reine Kraft der Alpen«

Adelholzener seit 1907 im Besitz eines katholischen Ordens

An den Abfüllanlagen standen die Schwestern, die eine mühevolle Arbeit verrichteten.

An den Abfüllanlagen standen die Schwestern, die eine mühevolle Arbeit verrichteten.
Schwester M. Iphigenia kontrollierte die Banderollen am Flaschenwender: Die Limonade wurde gemischt, nachdem der Grundstoff und

Schwester M. Iphigenia kontrollierte die Banderollen am Flaschenwender: Die Limonade wurde gemischt, nachdem der Grundstoff und anschließend das Wasser eingefüllt wurde.
Nach dem Krieg lief der Versand der Adelholzener Getränke bald wieder auf Hochtouren. Die Primusquelle belieferte Kunden in ganz

Nach dem Krieg lief der Versand der Adelholzener Getränke bald wieder auf Hochtouren. Die Primusquelle belieferte Kunden in ganz Bayern. 
Am 29. April 1907, beziehen neun Schwestern des Ordens der »Barmherzige Schwestern des hl. Vinzenz von Paul« mit ihrer Oberin im Kur- und Badeort Adelholzen ein Gebäude, die der Orden erst vor wenigen Wochen gekauft hat. Es soll als Erholungsheim dienen, in dem die Schwestern ihre Krankheiten auskurieren und sich von ihrer anstrengenden Arbeit erholen können.

Der Kurort liegt inmitten einer imposanten Bergwelt wo auch Wasser entspringt, das die Menschen seit Jahrhunderten aus Bächen und Quellen schöpfen.

Schon im 3. Jahrhundert nach Christus soll ein römischer Legionär, der heilige Primus, die Quelle in Adelholzen entdeckt haben: Bis heute trägt sie seinen Namen. Das Wasser der »Primusquelle« ist bereits so bekannt und beliebt, dass es sogar abgefüllt und verkauft wird.

Von der Quelle aus fließt das Wasser direkt ins Kurhaus, wo sich lediglich ein Handfüllapparat befindet. Dort wird dem Wasser zur Konservierung Kohlensäure zugesetzt, bevor es abgefüllt und für den Versand vorbereitet wird.

Im August 1907 nahmen die Schwestern die Abfüllanlagen in Betrieb. Mit der Handfüllanlage füllten die Schwestern die Flaschen ab, die dann einzeln verpackt wurden, bevor sie mit einer Ochsenkarre nach Bergen zur Bahnstation transportiert wurden: um fünf Tonnen Ladung zu füllen, brauchten die Schwestern eine Woche.

Im Jahr 1911 wurde mit Unterstützung von Dr. Otto Pachmayr, Lieferant von Kohlensäure, eine neue Füllanlage in Adelholzen aufgestellt. Pachmayr verfügte als Lieferant von Kohlensäure über eine lange Erfahrung mit »künstlichem Mineralwasser«.

Im Juni 1913 besuchte Anton Ritter von Halder, Regierungspräsident von Oberbayern (1917-1924), mit seiner Familie Adelholzen. Im Herbst 1918 konnten die Adelholzener sogar die bayerische Königin begrüßen. Die Füllmengen waren zu diesem Zeitpunkt allerdings noch sehr bescheiden: Gerade einmal 8000 Flaschen füllten die Schwestern jährlich ab.

Am 6. Juli 1920 bekamen die Schwestern in einem eigens errichteten Füllraum eine mit Zwei-PS-Elektromotor angetriebene Maschine, die die Reinigung der Flaschen, die Abfüllung des Wassers und das Verschließen der Flaschen erledigte. Mit den neuen Anlagen konnten die Schwestern die Füllmengen erheblich erhöhen.

Nach einer Modernisierung der Abfüllanlage im Jahre 1925 schnellte der Absatz von Mineralwasser in die Höhe: Innerhalb von wenigen Jahren vervielfachte sich die Zahl der Füllungen auf mehr als 200 Millionen pro Jahr. Gegen Ende der 1920er Jahre waren die Kapazitäten der Anlage bereits ausgeschöpft. Inzwischen arbeiteten mehr als 50 Personen im Kurhaus und in der Füllerei.

1939 wurde die Primusquelle als »Staatlich anerkannte Heilquelle« genannt.

In den 1950er Jahren kam die deutsche Wirtschaft richtig in Fahrt. Auch die Primusquelle boomte im Wirtschaftswunder: 1955 wurden in Adelholzen knapp 3,7 Millionen Flaschen abgefüllt. Damit hatte sich die Produktion gegenüber den ersten Nachkriegsjahren verdreifacht. Den größten Anteil hatte mit 2,6 Millionen Flaschen das Tafelwasser. Dazu kamen über eine Million Flaschen Zuckerlimonade, Brause und Raspa sowie knapp 15 000 Flaschen Heilwasser. Inzwischen arbeiteten etwa 100 Männer und Frauen in Adelholzen.

Bis 1959 stieg die Zahl der Füllungen auf knapp 5,5 Millionen: etwa 700 000 Flaschen lieferte die Primusquelle an die eigenen Kranken- und Schwesternhäuser. Da noch weitere Einrichtungen gebaut wurden, würde die Menge der Lieferungen noch weiter steigen. Für das kommende Wachstum brauchten die Schwestern allerdings modernere Anlagen. 30 Jahre nach der letzten großen Erweiterung der Füllerei investierte die Kongregation wieder in die Primusquelle: von der Imprägnierpumpe über die Füllerei- bis zu den Etikettiermaschinen, alles wurde auf dem neusten Stand gebracht. Bereits 1967 – im siebten Jahr nach der Modernisierung – hatte sich die Zahl der Füllungen verdoppelt: Fast 15 Millionen Flaschen wurden abgefüllt. Die Adelholzener Primus-Quelle bot inzwischen auch ein gut abgestimmtes Sortiment an Getränken an, das sowohl Adelholzener »Klassiker« als auch neue Produkte umfasste.

Zwischen 1972 und 1986 wurden mehrere Abfüllanlagen und Lagerhallen fertiggestellt und installiert. Bereits 1976 setzte die Adelholzener Primusquelle fast 50 Millionen Flaschen mit Wasser und Limonade ab. Knappe zehn Jahre später, dank den laufenden Anpassungen an die modernste Technik, errichteten die drei Füllanlagen nun schon eine Kapazität von über 100 000 Flaschen in der Stunde.

Im Jahr 1989 trat Schwester Maria Theodolinde Mehltretter in die Geschäftsleitung ein. Unter ihr wurde das Unternehmen kontinuierlich weiterentwickelt. Sie brachte den Betrieb immer wieder auf den neuesten technischen Stand und baute ihn zur heutigen Größe aus.



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