Das war die Kaserne in Traunstein
Erinnerungsausstellung in der »Alten Wache« im Rathaus bis 27. Mai. – Teil II

1976 – Die 4. Batterie vom Gebirgsflugabwehrbataillon 8 in Paradeaufstellung.

Die Kaserne hatte eine eigene Verladestation. Hier werden 1990 Panzer verladen.

Ein nahezu unheimlicher Anblick. Ein hydraulischer Greifarm holt sich Stück für Stück vom Landsknecht.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 überschritt das Traunsteiner Bataillon im Rahmen der 7. Infanteriedivision die polnische Grenze in Richtung des Dulkapasses, worauf es einige Tage später im Waldgebiet bei Janow zu verlustreichen Kämpfen kam.
Bereits in den ersten Septembertagen 1939 belegte das Reserveregiment 7 die Badenweiler Kaserne. Dieses Regiment wurde kurz darauf in das Infanterie – Ersatzbataillon 179, einem Ersatztruppenteil für das Feldregiment 179, umgewandelt. Ende des Jahres 1944 befand sich eine Einheit einer ungarischen Volksgrenadier-Division hier. Die Soldaten trugen ungarische Uniformen; unterstanden aber deutscher Kommandogewalt.
Am 1. April 1945 waren in der Badenweiler Kaserne das Grenadier-Ersatz- und Ausbildungsregiment 387 mit zwei Bataillonen und das Grenadier-Ersatz- und Ausbildungsbataillon 179. In der Zeit vom 1. April bis 30. April 1945 kamen auch Teile des Personalamtes des Heeres, einer Teileinheit des Oberkommandos des Heeres, hinzu. Unter dem Druck der sich anbahnenden Niederlage gab es im Frühjahr 1945 häufig zersprengte Truppenteile und Versprengte in Gruppen und Grüppchen. Diese Versprengten mussten nach einem Befehl des Wehrkommandos VII vom 19. März 1945 erfasst und der Front wieder zugeführt werden. Dazu wurden Versprengten – Sammelstellen eingerichtet und eine davon gab es ab 26. März 1945 auch in der Badenweiler Kaserne. Dieser Sammelstelle war ab 6. April 1945 sogar ein Schnellgericht zugeordnet.
Am 2. Mai 1945 war für die meisten Soldaten in der Kaserne der Krieg aus; sie wurden bis auf einen Resttrupp, der in Richtung Alpen marschierte, entlassen. Der Befehl hierzu kam vom Heereskommando. Die nächsten Stunden bis zum Einmarsch der amerikanischen Truppen konnten die Traunsteiner Bürger gewinnbringend nutzen. Sie holten sich aus der Kaserne, was sie brauchen konnten. Mit Fahrrädern, Leiterwagen, Kinderwagen und allen möglichen anderen Fahrzeugen wurden Brauchbares und auch Unnötiges heimgeschafft. Einer hatte fünf Schreibmaschinen auf seinem Leiterwagen, ein anderer füllte seinen Pappkoffer mit Pistolen und wieder andere holten sich Stühle, Decken, Zelte und was es noch so alles gab.
Am 3. Mai 1945 begann dann die Nachkriegszeit.
In Traunstein gab es bei Kriegsende 15 Lazarette. Diese wurden von den Amerikanern Zug um Zug aufgelöst und viele Verwundete, die weiterhin stationär betreut werden mussten, verlegte man in das neugebildete Sammellazarett in der Kaserne. Dieses Lazarett hatte eine große Kapazität und verfügte auch über eine chirurgische Abteilung, in der zum Beispiel auch Nachamputationen durchgeführt werden konnten.
Am 24. November 1945 befanden sich 1.450 verschleppte Ausländer, so genannte Displaced Persons (DPs), im Bereich der Stadt Traunstein und zwar in den Lagern Kurhaus, Kaserne, Haidforst, Jugendheim, Gymnastikschule, Parkhotel und Weinleite. Bis zum Oktober 1946 belegten DPs aus Polen und der Ukraine die Kaserne. Das war in polizeilicher Hinsicht eine schwere Zeit. Dann kamen polnische Juden, die bis Juni 1949 hier blieben. Dadurch verbesserte sich die Sicherheitslage in der Stadt wesentlich; die Zeit der Schwerkriminalität war vorbei. Im August 1949 wurden etwa 1500 lettische DPs in die Kaserne umquartiert. Sie blieben dort bis zum Sommer 1951. Mit ihnen gab es keine Probleme. Ende 1952 bezogen deutsche Flüchtlinge und Zugewanderte aus der DDR die Kaserne bis zum Winter 1956/57. Dieser Belegung gingen Bemühungen der Stadt Traunstein um eine völlig andere Nutzung der Kaserne voraus.
1951 wurde der Bundesgrenzschutz eingerichtet. Es handelt sich hier um eine Sonderpolizei der Bundesrepublik Deutschland mit der Aufgabe des grenzpolizeilichen Schutzes des Bundesgebiets. Das beinhaltet die Überwachung der Grenzen, die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs sowie die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren innerhalb eines 30 Kilometer breiten Grenzstreifens. Für den Bundesgrenzschutz wurden damals geeignet gelegene Kasernen benötigt. Diese Situation wollte die Stadt Traunstein nützen. Mit Schreiben vom 16. Juni 1952 an Theodor Blank, Beauftragter für die Unterbringung der alliierten Truppen und späterer Bundesverteidigungsminister, bat der Oberbürgermeister, auf eine baldige Belegung der Traunsteiner Kaserne mit deutschen Truppen hinzuwirken. Wörtlich schrieb er: »... Dabei dürfte es gleichgültig sein, ob nach dem gegebenen Raum, Übungsplatz und Geländeverhältnissen ein motorisiertes Inf.Batl. oder ein Batl. des Bundesgrenzschutzes in Frage kommt ...«. Das Bundeskanzleramt antwortete mit Schreiben vom 21. November 1952: »...Die Badenweilerkaserne in Traunstein ist von der US-Armee noch immer beschlagnahmt. Bis heute bin ich auch von HICOG noch nicht unterrichtet, ob und gegebenenfalls, wann die Armee die Kaserne freizugeben beabsichtigt. Ich habe mich daher mit der vor kurzem vom Interministeriellen Ausschuss der Landesregierung Bayern beantragten Freigabe der Kaserne zur Unterbringung von Ostzonenflüchtlingen nicht einverstanden erklären können ...«. Die spätere Entwicklung beweist, dass sich die Landesregierung Bayern mit der von ihr beabsichtigten Unterbringung von Flüchtlingen und Zuwanderern aus der DDR durchsetzen konnte.
Am 5. Mai 1955 trat die Bundesrepublik Deutschland dem NATO-Bündnis bei und verpflichtete sich, Streitkräfte aufzustellen. So begann noch 1955 unter dem Verteidigungsminister Theodor Blank der Aufbau der Bundeswehr. Die Planungen für die Standorte liefen an und die Kaserne in Traunstein war natürlich auch im Gespräch.
Nach einer Weisung des Bundesministeriums für Verteidigung vom 19. Oktober 1956 wurde die Errichtung einer Standortverwaltung in Traunstein ab 5. November 1956 angeordnet. Erste Aufgabe dieser Dienststelle war es, die Belegung der Kaserne durch Bundeswehreinheiten vorzubereiten. Das Finanzbauamt München II hatte für die Instandsetzung der Gebäude eine »Bauleitung Traunstein« in der Kaserne eingerichtet.
Anfang Mai 1957 war es dann so weit, dass die ersten Bundeswehreinheiten Teile der Kaserne belegen konnten. Ende April 1957 traf ein Vorkommando ein und am 6. Mai 1957 kamen 150 Soldaten des neu aufgestellten Gebirgspanzerjägerbataillons 8 nach Traunstein in die Kaserne.
Nach den Instandsetzungsarbeiten standen der Truppe das Stabsgebäude, zwei Wirtschaftsgebäude und vier Unterkunftsgebäude zur Verfügung. Die ordnungsgemäße Unterbringung von bis zu 1.200 Soldaten bei der zu erwartenden Vollbelegung war dadurch gesichert. Die Unterbringung der Fahrzeuge und des Truppengeräts blieb jedoch noch für Jahre unbefriedigend. Insbesondere die Unterbringung und Pflege der Kettenfahrzeuge bereitete laufend fast unlösbare Schwierigkeiten. Der Panzerabstellplatz glich einer Schlammwüste. Die Probleme im Kraftfahrzeugbereich konnten dann aber Zug um Zug gelöst werden. Zuerst wurde ein Wagenwaschplatz hergestellt. 1961 begann man damit, die Gebäude im früheren Stallbereich abzureißen und Fahrzeughallen und Stellflächen zu bauen. Mit der Fertigstellung der Kraftfahrzeugwerkhalle im Mai 1964 war der Bau des Kraftfahrzeugbereiches abgeschlossen. 1978 erfolgte dann noch der Umbau der Heizzentrale von Koksfeuerung auf Öl- und Erdgasbetrieb.
Nun zurück zur Truppenbelegung. Das bereits erwähnte Gebirgspanzerjägerbataillon 8 wurde 1959 in das Panzerbataillon 243 umgegliedert und 1960 nach Landsberg verlegt. Als zweite Einheit traf am 11. Juli 1957 das Gebirgsflugabwehrbataillon 8 ein. Dieses Bataillon verlegte man im Februar 1958 nach Füssen, aber 1960 kehrte es als Stabszug mit zwei Brigadekompanien nach Traunstein zurück. Am 1. Mai 1963 war dann endgültig das Gebirgsflugabwehrbataillon 8 aufgestellt. Es wurde am 1. Juli 1978 in das Gebirgsflugabwehrregiment 8 umgegliedert. In den Jahren 1957 bis 1965 lagen in Traunstein auch noch die Gebirgspanzeraufklärungskompanie 230 und die Gebirgspanzerjägerkompanien 220 und 230. Von 1962 bis 1972 war auch noch die Ausbildungskompanie 6/8 hier stationiert.
Den Truppen in der Kaserne standen verschiedenste Radfahrzeuge für Transportzwecke, aber auch gepanzerte Fahrzeuge zur Verfügung. Zum Beispiel hatte die Flugabwehr zuerst das Halbkettenfahrzeug M 16 mit Vierlingskanone, dann die Panzerflugabwehrkanone M 42 und schließlich den Flak-Panzer Gepard aus deutscher Fertigung.
Spricht man von der Bundeswehr, dann muss man auch die zahlreichen und weitgehenden Hilfseinsätze im zivilen Bereich erwähnen. 1957 rodete die Bundeswehr mit einem Bergepanzer über 500 Wurzelstöcke im Friedhofsbereich. Im Sommer 1959 leisteten im Mühltal 60 Soldaten und in Reit im Winkl 250 Soldaten Hochwasserhilfe. 1960 erbrachten Soldaten 1.200 freiwillige Arbeitsstunden zur Beseitigung von Sturmschäden. 1990 halfen Soldaten bei der Bekämpfung des Borkenkäfers. 1993 retteten nach einem Blitzschlag vier Soldaten das gesamte Vieh eines Bauernhofes. Diese Aufzählung ist wirklich nur beispielhaft und ließe sich noch lange fortsetzen. Seit 1994 beteiligte sich die Garnison in Traunstein auch an Auslandseinsätzen. Drei Soldaten waren in Somalia und drei im ehemaligen Jugoslawien.
Zur Geschichte der Kaserne gehört auch die Namensänderung von 1964. Mit Wirkung ab 5. November 1964 trat eine nicht leicht nachvollziehbare Entscheidung der Bundeswehrverwaltung in Kraft; die Badenweiler Kaserne wurde umbenannt in Prinz-Eugen Kaserne. Rücksichtnahme auf den Nachbarn Frankreich war es wohl, dass man den Namen Badenweiler Kaserne aufgab. Es überrascht aber, dass man dann Prinz Eugen als neuen Taufpaten auswählte. Eugen, Prinz von Savoyen-Carignan, der österreichische Feldherr und »Türkenbezwinger«, gilt als einer der fähigsten Heerführer seiner Zeit. Er hat 1704 die französischen und bayerischen Truppen bei Höchstädt vernichtend geschlagen mit der Folge, dass Bayern von den Österreichern zehn Jahre lang besetzt und ausgebeutet wurde. Zwar ist es sicher das natürliche Recht eines Feldherrn, eine Schlacht zu gewinnen; es ist aber nicht die Pflicht des Besiegten, ihn dafür posthum zu ehren. In der deutschen Militärgeschichte wäre so manche verdiente Persönlichkeit zu finden gewesen, nach der man die Kaserne in Traunstein hätte benennen können.
1996 beschloss das Bundesministerium für Verteidigung die Auflösung der Garnison in Traunstein und die Verlegung der Truppe nach Kirchham bei Pocking. Vermutlich waren hierfür politische Gründe maßgebend. Wirtschaftliche können es wohl kaum gewesen sein.
Am 20. Februar 1997 verabschiedeten sich die Soldaten mit einem öffentlichen Gelöbnis von Traunstein. Zum letzten Mal sprachen 84 Rekruten auf dem Traunsteiner Stadtplatz die Gelöbnisformel: »Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.« Die Gelöbnisfeier war für den Oberbürgermeister Anlass zu der Feststellung, es habe nie Probleme gegeben, sondern gemeinsame Aufgaben, die man offen miteinander diskutiert und gemeinsam gelöst habe. Den jungen Soldaten wünschte er, dass sie an eine gute, als nützlich empfundene Dienstzeit zurückdenken werden. Der Landrat erinnerte an die militärische Geschichte der Stadt und betonte, leider seien alle Anstrengungen ohne Erfolg und der Abzug nicht zu verhindern gewesen. Er sah Nachteile für Handel, Handwerk und Gewerbe, wenn 500 Soldaten die Stadt verlassen. Oberstleutnant Turbach drückte im Namen seiner Soldaten die Freude über die gute Zusammenarbeit aus. Das öffentliche Gelöbnis wurde von einem militärischen Zeremoniell eingerahmt, in das auch die Surberger Böllerschützen, das Gebirgsmusikcorps aus Garmisch, Abordnungen der Traditionsvereine und der Ehrenzug des Regiments eingebunden waren.
Am 1. April 1997 begann der Truppenabzug und am 14. Mai 1997 verließen die letzten Soldaten die Garnison. Rund 200 Bürger fanden sich vor den Toren der Kaserne ein, um Abschied von den Soldaten zu nehmen und der Oberbürgermeister hielt die Abschiedsrede.
Die Zeit der Garnison in Traunstein war zu Ende gegangen. Was sollte nun mit der Kaserne geschehen? Die Planungshoheit für die Verwendung des Grundstücks hatte die Stadt Traunstein. Durch den Stadtrat wurde eine so genannte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme eingeleitet und dann fiel die Entscheidung: Aus dem Kasernengelände wird ein Gewerbegebiet. Vorher müssen alle Kasernengebäude abgebrochen und das künftige Baugelände freigemacht werden. Der Abbruch wurde planmäßig begonnen und wird demnächst fristgerecht vollendet werden. Hier wurde gezeigt, was durch das Zusammenspiel von präziser Ingenieursplanung, handwerklichem Können und modernster Technik machbar ist. Die Traunsteiner Bevölkerung hat den Abbruch mit reger Teilnahme und sicher mit den unterschiedlichsten Empfindungen verfolgt. Besonders zeigte sich dies, als die Wand mit dem Fresko des Landsknechts zum Abbruch anstand. Hier schieden sich die Meinungen der Betrachter. Für die einen war hier ein martialischer Rambo mit reichlich Muskeln und wenig Hirn dargestellt. Für die anderen war der abgebildete deutsche Landsknecht ein Sinnbild wünschenswerter Verteidigungsfähigkeit. Wie man die Sache auch ansehen mag, die Zerstörung des Bildes berührte viele Traunsteiner, denn schließlich verschwand hier ein zu einem Symbol für die Stadt gewordene künstlerische Darstellung.
AS
Teil 1: Siehe Chiemgau-Blätter Nr. 18/2002
Quellen: Chiemgau-Blätter vom 27. Mai und 3. Juni 2000 und A. Staller Die Kaserne in Traunstein, in: Jahrbuch 2000 des Historischen Vereins für den Chiemgau zu Traunstein. Nähere Quellenangaben siehe dort.
19/2002
Bereits in den ersten Septembertagen 1939 belegte das Reserveregiment 7 die Badenweiler Kaserne. Dieses Regiment wurde kurz darauf in das Infanterie – Ersatzbataillon 179, einem Ersatztruppenteil für das Feldregiment 179, umgewandelt. Ende des Jahres 1944 befand sich eine Einheit einer ungarischen Volksgrenadier-Division hier. Die Soldaten trugen ungarische Uniformen; unterstanden aber deutscher Kommandogewalt.
Am 1. April 1945 waren in der Badenweiler Kaserne das Grenadier-Ersatz- und Ausbildungsregiment 387 mit zwei Bataillonen und das Grenadier-Ersatz- und Ausbildungsbataillon 179. In der Zeit vom 1. April bis 30. April 1945 kamen auch Teile des Personalamtes des Heeres, einer Teileinheit des Oberkommandos des Heeres, hinzu. Unter dem Druck der sich anbahnenden Niederlage gab es im Frühjahr 1945 häufig zersprengte Truppenteile und Versprengte in Gruppen und Grüppchen. Diese Versprengten mussten nach einem Befehl des Wehrkommandos VII vom 19. März 1945 erfasst und der Front wieder zugeführt werden. Dazu wurden Versprengten – Sammelstellen eingerichtet und eine davon gab es ab 26. März 1945 auch in der Badenweiler Kaserne. Dieser Sammelstelle war ab 6. April 1945 sogar ein Schnellgericht zugeordnet.
Am 2. Mai 1945 war für die meisten Soldaten in der Kaserne der Krieg aus; sie wurden bis auf einen Resttrupp, der in Richtung Alpen marschierte, entlassen. Der Befehl hierzu kam vom Heereskommando. Die nächsten Stunden bis zum Einmarsch der amerikanischen Truppen konnten die Traunsteiner Bürger gewinnbringend nutzen. Sie holten sich aus der Kaserne, was sie brauchen konnten. Mit Fahrrädern, Leiterwagen, Kinderwagen und allen möglichen anderen Fahrzeugen wurden Brauchbares und auch Unnötiges heimgeschafft. Einer hatte fünf Schreibmaschinen auf seinem Leiterwagen, ein anderer füllte seinen Pappkoffer mit Pistolen und wieder andere holten sich Stühle, Decken, Zelte und was es noch so alles gab.
Am 3. Mai 1945 begann dann die Nachkriegszeit.
In Traunstein gab es bei Kriegsende 15 Lazarette. Diese wurden von den Amerikanern Zug um Zug aufgelöst und viele Verwundete, die weiterhin stationär betreut werden mussten, verlegte man in das neugebildete Sammellazarett in der Kaserne. Dieses Lazarett hatte eine große Kapazität und verfügte auch über eine chirurgische Abteilung, in der zum Beispiel auch Nachamputationen durchgeführt werden konnten.
Am 24. November 1945 befanden sich 1.450 verschleppte Ausländer, so genannte Displaced Persons (DPs), im Bereich der Stadt Traunstein und zwar in den Lagern Kurhaus, Kaserne, Haidforst, Jugendheim, Gymnastikschule, Parkhotel und Weinleite. Bis zum Oktober 1946 belegten DPs aus Polen und der Ukraine die Kaserne. Das war in polizeilicher Hinsicht eine schwere Zeit. Dann kamen polnische Juden, die bis Juni 1949 hier blieben. Dadurch verbesserte sich die Sicherheitslage in der Stadt wesentlich; die Zeit der Schwerkriminalität war vorbei. Im August 1949 wurden etwa 1500 lettische DPs in die Kaserne umquartiert. Sie blieben dort bis zum Sommer 1951. Mit ihnen gab es keine Probleme. Ende 1952 bezogen deutsche Flüchtlinge und Zugewanderte aus der DDR die Kaserne bis zum Winter 1956/57. Dieser Belegung gingen Bemühungen der Stadt Traunstein um eine völlig andere Nutzung der Kaserne voraus.
1951 wurde der Bundesgrenzschutz eingerichtet. Es handelt sich hier um eine Sonderpolizei der Bundesrepublik Deutschland mit der Aufgabe des grenzpolizeilichen Schutzes des Bundesgebiets. Das beinhaltet die Überwachung der Grenzen, die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs sowie die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren innerhalb eines 30 Kilometer breiten Grenzstreifens. Für den Bundesgrenzschutz wurden damals geeignet gelegene Kasernen benötigt. Diese Situation wollte die Stadt Traunstein nützen. Mit Schreiben vom 16. Juni 1952 an Theodor Blank, Beauftragter für die Unterbringung der alliierten Truppen und späterer Bundesverteidigungsminister, bat der Oberbürgermeister, auf eine baldige Belegung der Traunsteiner Kaserne mit deutschen Truppen hinzuwirken. Wörtlich schrieb er: »... Dabei dürfte es gleichgültig sein, ob nach dem gegebenen Raum, Übungsplatz und Geländeverhältnissen ein motorisiertes Inf.Batl. oder ein Batl. des Bundesgrenzschutzes in Frage kommt ...«. Das Bundeskanzleramt antwortete mit Schreiben vom 21. November 1952: »...Die Badenweilerkaserne in Traunstein ist von der US-Armee noch immer beschlagnahmt. Bis heute bin ich auch von HICOG noch nicht unterrichtet, ob und gegebenenfalls, wann die Armee die Kaserne freizugeben beabsichtigt. Ich habe mich daher mit der vor kurzem vom Interministeriellen Ausschuss der Landesregierung Bayern beantragten Freigabe der Kaserne zur Unterbringung von Ostzonenflüchtlingen nicht einverstanden erklären können ...«. Die spätere Entwicklung beweist, dass sich die Landesregierung Bayern mit der von ihr beabsichtigten Unterbringung von Flüchtlingen und Zuwanderern aus der DDR durchsetzen konnte.
Am 5. Mai 1955 trat die Bundesrepublik Deutschland dem NATO-Bündnis bei und verpflichtete sich, Streitkräfte aufzustellen. So begann noch 1955 unter dem Verteidigungsminister Theodor Blank der Aufbau der Bundeswehr. Die Planungen für die Standorte liefen an und die Kaserne in Traunstein war natürlich auch im Gespräch.
Nach einer Weisung des Bundesministeriums für Verteidigung vom 19. Oktober 1956 wurde die Errichtung einer Standortverwaltung in Traunstein ab 5. November 1956 angeordnet. Erste Aufgabe dieser Dienststelle war es, die Belegung der Kaserne durch Bundeswehreinheiten vorzubereiten. Das Finanzbauamt München II hatte für die Instandsetzung der Gebäude eine »Bauleitung Traunstein« in der Kaserne eingerichtet.
Anfang Mai 1957 war es dann so weit, dass die ersten Bundeswehreinheiten Teile der Kaserne belegen konnten. Ende April 1957 traf ein Vorkommando ein und am 6. Mai 1957 kamen 150 Soldaten des neu aufgestellten Gebirgspanzerjägerbataillons 8 nach Traunstein in die Kaserne.
Nach den Instandsetzungsarbeiten standen der Truppe das Stabsgebäude, zwei Wirtschaftsgebäude und vier Unterkunftsgebäude zur Verfügung. Die ordnungsgemäße Unterbringung von bis zu 1.200 Soldaten bei der zu erwartenden Vollbelegung war dadurch gesichert. Die Unterbringung der Fahrzeuge und des Truppengeräts blieb jedoch noch für Jahre unbefriedigend. Insbesondere die Unterbringung und Pflege der Kettenfahrzeuge bereitete laufend fast unlösbare Schwierigkeiten. Der Panzerabstellplatz glich einer Schlammwüste. Die Probleme im Kraftfahrzeugbereich konnten dann aber Zug um Zug gelöst werden. Zuerst wurde ein Wagenwaschplatz hergestellt. 1961 begann man damit, die Gebäude im früheren Stallbereich abzureißen und Fahrzeughallen und Stellflächen zu bauen. Mit der Fertigstellung der Kraftfahrzeugwerkhalle im Mai 1964 war der Bau des Kraftfahrzeugbereiches abgeschlossen. 1978 erfolgte dann noch der Umbau der Heizzentrale von Koksfeuerung auf Öl- und Erdgasbetrieb.
Nun zurück zur Truppenbelegung. Das bereits erwähnte Gebirgspanzerjägerbataillon 8 wurde 1959 in das Panzerbataillon 243 umgegliedert und 1960 nach Landsberg verlegt. Als zweite Einheit traf am 11. Juli 1957 das Gebirgsflugabwehrbataillon 8 ein. Dieses Bataillon verlegte man im Februar 1958 nach Füssen, aber 1960 kehrte es als Stabszug mit zwei Brigadekompanien nach Traunstein zurück. Am 1. Mai 1963 war dann endgültig das Gebirgsflugabwehrbataillon 8 aufgestellt. Es wurde am 1. Juli 1978 in das Gebirgsflugabwehrregiment 8 umgegliedert. In den Jahren 1957 bis 1965 lagen in Traunstein auch noch die Gebirgspanzeraufklärungskompanie 230 und die Gebirgspanzerjägerkompanien 220 und 230. Von 1962 bis 1972 war auch noch die Ausbildungskompanie 6/8 hier stationiert.
Den Truppen in der Kaserne standen verschiedenste Radfahrzeuge für Transportzwecke, aber auch gepanzerte Fahrzeuge zur Verfügung. Zum Beispiel hatte die Flugabwehr zuerst das Halbkettenfahrzeug M 16 mit Vierlingskanone, dann die Panzerflugabwehrkanone M 42 und schließlich den Flak-Panzer Gepard aus deutscher Fertigung.
Spricht man von der Bundeswehr, dann muss man auch die zahlreichen und weitgehenden Hilfseinsätze im zivilen Bereich erwähnen. 1957 rodete die Bundeswehr mit einem Bergepanzer über 500 Wurzelstöcke im Friedhofsbereich. Im Sommer 1959 leisteten im Mühltal 60 Soldaten und in Reit im Winkl 250 Soldaten Hochwasserhilfe. 1960 erbrachten Soldaten 1.200 freiwillige Arbeitsstunden zur Beseitigung von Sturmschäden. 1990 halfen Soldaten bei der Bekämpfung des Borkenkäfers. 1993 retteten nach einem Blitzschlag vier Soldaten das gesamte Vieh eines Bauernhofes. Diese Aufzählung ist wirklich nur beispielhaft und ließe sich noch lange fortsetzen. Seit 1994 beteiligte sich die Garnison in Traunstein auch an Auslandseinsätzen. Drei Soldaten waren in Somalia und drei im ehemaligen Jugoslawien.
Zur Geschichte der Kaserne gehört auch die Namensänderung von 1964. Mit Wirkung ab 5. November 1964 trat eine nicht leicht nachvollziehbare Entscheidung der Bundeswehrverwaltung in Kraft; die Badenweiler Kaserne wurde umbenannt in Prinz-Eugen Kaserne. Rücksichtnahme auf den Nachbarn Frankreich war es wohl, dass man den Namen Badenweiler Kaserne aufgab. Es überrascht aber, dass man dann Prinz Eugen als neuen Taufpaten auswählte. Eugen, Prinz von Savoyen-Carignan, der österreichische Feldherr und »Türkenbezwinger«, gilt als einer der fähigsten Heerführer seiner Zeit. Er hat 1704 die französischen und bayerischen Truppen bei Höchstädt vernichtend geschlagen mit der Folge, dass Bayern von den Österreichern zehn Jahre lang besetzt und ausgebeutet wurde. Zwar ist es sicher das natürliche Recht eines Feldherrn, eine Schlacht zu gewinnen; es ist aber nicht die Pflicht des Besiegten, ihn dafür posthum zu ehren. In der deutschen Militärgeschichte wäre so manche verdiente Persönlichkeit zu finden gewesen, nach der man die Kaserne in Traunstein hätte benennen können.
1996 beschloss das Bundesministerium für Verteidigung die Auflösung der Garnison in Traunstein und die Verlegung der Truppe nach Kirchham bei Pocking. Vermutlich waren hierfür politische Gründe maßgebend. Wirtschaftliche können es wohl kaum gewesen sein.
Am 20. Februar 1997 verabschiedeten sich die Soldaten mit einem öffentlichen Gelöbnis von Traunstein. Zum letzten Mal sprachen 84 Rekruten auf dem Traunsteiner Stadtplatz die Gelöbnisformel: »Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.« Die Gelöbnisfeier war für den Oberbürgermeister Anlass zu der Feststellung, es habe nie Probleme gegeben, sondern gemeinsame Aufgaben, die man offen miteinander diskutiert und gemeinsam gelöst habe. Den jungen Soldaten wünschte er, dass sie an eine gute, als nützlich empfundene Dienstzeit zurückdenken werden. Der Landrat erinnerte an die militärische Geschichte der Stadt und betonte, leider seien alle Anstrengungen ohne Erfolg und der Abzug nicht zu verhindern gewesen. Er sah Nachteile für Handel, Handwerk und Gewerbe, wenn 500 Soldaten die Stadt verlassen. Oberstleutnant Turbach drückte im Namen seiner Soldaten die Freude über die gute Zusammenarbeit aus. Das öffentliche Gelöbnis wurde von einem militärischen Zeremoniell eingerahmt, in das auch die Surberger Böllerschützen, das Gebirgsmusikcorps aus Garmisch, Abordnungen der Traditionsvereine und der Ehrenzug des Regiments eingebunden waren.
Am 1. April 1997 begann der Truppenabzug und am 14. Mai 1997 verließen die letzten Soldaten die Garnison. Rund 200 Bürger fanden sich vor den Toren der Kaserne ein, um Abschied von den Soldaten zu nehmen und der Oberbürgermeister hielt die Abschiedsrede.
Die Zeit der Garnison in Traunstein war zu Ende gegangen. Was sollte nun mit der Kaserne geschehen? Die Planungshoheit für die Verwendung des Grundstücks hatte die Stadt Traunstein. Durch den Stadtrat wurde eine so genannte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme eingeleitet und dann fiel die Entscheidung: Aus dem Kasernengelände wird ein Gewerbegebiet. Vorher müssen alle Kasernengebäude abgebrochen und das künftige Baugelände freigemacht werden. Der Abbruch wurde planmäßig begonnen und wird demnächst fristgerecht vollendet werden. Hier wurde gezeigt, was durch das Zusammenspiel von präziser Ingenieursplanung, handwerklichem Können und modernster Technik machbar ist. Die Traunsteiner Bevölkerung hat den Abbruch mit reger Teilnahme und sicher mit den unterschiedlichsten Empfindungen verfolgt. Besonders zeigte sich dies, als die Wand mit dem Fresko des Landsknechts zum Abbruch anstand. Hier schieden sich die Meinungen der Betrachter. Für die einen war hier ein martialischer Rambo mit reichlich Muskeln und wenig Hirn dargestellt. Für die anderen war der abgebildete deutsche Landsknecht ein Sinnbild wünschenswerter Verteidigungsfähigkeit. Wie man die Sache auch ansehen mag, die Zerstörung des Bildes berührte viele Traunsteiner, denn schließlich verschwand hier ein zu einem Symbol für die Stadt gewordene künstlerische Darstellung.
AS
Teil 1: Siehe Chiemgau-Blätter Nr. 18/2002
Quellen: Chiemgau-Blätter vom 27. Mai und 3. Juni 2000 und A. Staller Die Kaserne in Traunstein, in: Jahrbuch 2000 des Historischen Vereins für den Chiemgau zu Traunstein. Nähere Quellenangaben siehe dort.
19/2002